Vergängliche Diktatur

■ Die neueste Lehre des Papstes prophezeit den Chilenen ein Ende der Pinochet–Herrschaft - irgendwann...

Berlin (taz) - Die katholische Kirche kennt nicht nur vergängliche Sünden, sondern auch vergängliche Diktaturen. Und im Unterschied dazu gibt es eben Todsünden und Diktaturen wie Polen. So jedenfalls die neueste Lehre des Heiligen Vaters, die er auf dem Flug über den Ozean einem aufdringlichen Reporter kundtat. Kurz bevor er auf seinem Weg nach Chile zu einem Zwischenaufenthalt in Uruguay landete, meinte Papst Wojtyla: „Jedes Land hat Probleme, wo gibt es keine Leiden?“ In Chile gebe es, so fuhr er fort, ein System, „das diktatorisch, aber per definitionem vergänglich ist“. In seiner Heimat hingegen gebe es eine Diktatur ohne jedes Element der Hoffnung. Die „vergängliche Diktatur“ hat sich auf ihre Weise auf den hohen Besuch vorbereitet. Am Rand von Santiago vertrieb die Polizei am Vorabend der Ankunft des Papstes die Bewohner dreier illegal errichteter Elendssiedlungen aus ihren Behausungen. Viele der vertriebenen Slumbewohner führten chilenische Flaggen und Porträts Johannes Paul II. mit sich. Eine der Siedlungen hatten die Bewohner zuvor zum „Dorf Johannes Paul II.“ erklärt. Der solchermaßen Geehrte ist übrigens ein Hauptfeind der „vergänglichen Diktatur“, wenn man einem Dokument, das die chilenische Untergrundbe von der Kirche als einem Hauptfeind der Militärregierung die Rede. Der Plan sieht zudem Maßnahmen zur „Neutralisierung oder Zerstörung subversiver Tätigkeiten“ vor. Diese sollen sich allerdings nicht gegen den Heiligen Vater richten, sondern gegen andere Regimegegner und ausländische Berichterstatter. thos