piwik no script img

Erste Vernehmung zum „Celler Loch“

■ Öffentliche Zeugenvernehmung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses / Ehemaliger Verfassungsschutzleiter sagt aus / Albrecht war über geplanten Anschlag informiert

Aus Hannover Jürgen Voges

Ein jugoslavischer V–Mann des niedersächsischen Verfassungschutzes ist im Jahre 1978 mit Hilfe des Multiagenten Werner Mauss und des Chefs des spanischen Inlandsnachrichtendienstes als angebliches Mitglied einer Separatistenorganisation der kanarischen Inseln in ein „Ausbildungslager für Terroristen in Algerien“ eingeschleust worden. Dies ist die Aussage des ehemaligen Leiters der niedersächsischen Verfassungsschutzes Hellmut Jüllich während der ersten öffentlichen Zeugenvernehmung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum „Celler Bombenan schlag“. Nach der Darstellung von Jüllich war der damalige Leiter der Abteilung „Beschaffung“, der inzwischen verstorbene Ministerialrat Wiehe, „Motor“ und „geistiger Vater“ des Anschlags auf das Celler Gefängnis, der den V–Leuten Manfred Berger und Klaus–Dieter Loudil Zugang zum Untergrung verschaffen sollte. Der Agent Mauss sei weder an der Planung noch der Durchführung des Celler Anschlages beteiligt gewesen. Er habe lediglich bei der Einschleusung des jugoslavischen V–Mannes nach Algerien für Kontakte zum spanischen Inlandsnachrichtendienst gesorgt. Der V–Mann Zeljko Susak sei allerdings in Algerien schon nach drei Tagen durchgedreht, vom algerischen Geheimdienst „hops genommen“ und später an die BRD ausgeliefert worden. Jüllich sagte weiter aus, daß er dreimal mit Ministerpräsident Ernst Albrecht persönlich in dessen Privathaus in Beindorf über den geplanten Celler Anschlag gesprochen habe. Schon bei der ersten Vorstellung des Plans sei Albrecht wohlwollend interessiert gewesen. Er habe ihn angewiesen, den Kreis der in den Plan Eingeweihten möglichst klein zu halten. Deswegen seien auch weder der Genralbundesanwalt noch der Leiter des niedersächsischen Landeskrimnalamts vorab informiert worden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen