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Salvadorianische Guerilla stürmt Armeebastion

■ Größter Angriff der FMLN seit zehn Monaten / Mindestens 43 Soldaten und ein US–Berater getötet / Armee sperrt die Gegend von Chalatenango ab

Aus Managua Ralf Leonhard

800 Guerilleros der salvadorianischen Befreiungsbewegung FMLN haben am Dienstag die wohl am besten befestigte Armeebastion des Landes, El Paraiso im Departement Chalatenango, teilweise in Trümmer gelegt. Beim Sturm auf den 60 km nördlich von San Salvador gelegenen Stützpunkt fielen nach Angaben der Armee 43 Soldaten und ein US– Militärberater. Nach Angaben des Pentagons und der US–Botschaft in San Salvador handelt es sich um den 27jährigen Sergeanten Frannius aus Ohio. Nach Angaben der Armee wurden acht Guerilleros getötet. Die FMLN spricht von 600 toten oder verletzten Soldaten. Entgegen ersten Meldungen der Guerilla überlebte der Kommandant der Kaserne, Oberst Ru bio, den Angriff und wurde nur leicht verletzt. Er gab zu, daß 35 Guerilleros ins Innere der Kaserne vorgedrungen seien. Zur Zeit werde untersucht, wie das möglich gewesen sei und ob die FMLN über Helfershelfer im Stützpunkt verfügt habe. Recherchen vor Ort waren bisher nicht möglich, da die Armee niemanden zum Schauplatz des Überfalls vorläßt. Am Dienstagnachmittag versammelten sich Dutzende Mütter vor der Kaserne und warteten auf die Bekanntgabe der Namensliste der Toten. Die Armee sperrte die Hauptstraße nach Chalatenango ab, während Verstärkungstruppen aus anderen Landesteilen herantransportiert wurden. Hubschrauber mit Bordkanonen und Militärflugzeuge des Typs C–47 kreisten den ganzen Tag über der Gegend, um Guerilla–Truppen aufzuspüren. Leonel Gonzalez, Mitglied des FMLN–Generalkommandos, erläuterte im Untergrundsender „Radio Farabundo Marti“, die Guerilla habe in El Paraiso die Mannschaftstrakte von zwei Bataillons völlig zerstört. Gleichzeitig seien auch drei Armeestützpunkte in anderen Departements angegriffen worden. Fortsetzung auf Seite 6 Dabei seien an die hundert Soldaten getötet und Waffen erbeutet worden. Beim Angriff auf El Paraiso handelt es sich um die größte militärische Operation der Guerilla seit dem Sturm auf die Kaserne in San Miguel im Osten des Landes im Juni des vergangenen Jahres. Der Armeestützpunkt El Paraiso selbst war schon einmal, in der Silvesternacht 1984, Ziel eines Guerilla–Überfalls. Damals nahm die FMLN die Kaserne ein. Über hundert Soldaten starben im Gefecht, an die 200 wurden festgenommen. Der Militärberater Frannius ist der sechste Angehörige der US– Armee, der seit 1983 in El Salvador ums Leben kam, allerdings der erste, der im Gefecht fiel. Laut Gesetz ist es dem US–amerikanischen Militärpersonal untersagt, an Kämpfen teilzunehmen oder sich in Gebieten aufzuhalten, wo Gefechte stattfinden könnten. Ein CIA–Agent, dessen Name geheimgehalten wird, kam am vergangenen Donnerstag bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben. Vier US–Militärberater - insgesamt sind es 55 in El Salvador - starben bei einem Attentat in einem Cafe in der Hauptstadt im Juni 1985, und einer wurde 1983, ebenfalls in der Hauptstadt, erschossen, als er seine Freundin von der Uni abholte.

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