IG Metall–Ultimatum an Arbeitgeber

■ Wenn in der kommenden Woche kein Kompromiß im Streit um die 35–Stunden–Woche zustandekommt, will die Gewerkschaft das Scheitern erklären / Einigung unwahrscheinlich / Warnstreiks gehen weiter

Von Martin Kempe

Berlin (taz) - Die Industriegewerkschaft Metall hat am Freitag auf einer außerordentlichen Vorstandssitzung in Frankfurt mit dem Scheitern der Tarifverhandlungen zur 35–Stunden–Woche gedroht und den Arbeitgebern ein Ultimatum gestellt, bei den Verhandlungen in der kommenden Woche „akzeptable Lösungsvorschläge auf den Tisch zu legen“. Gemeint sind die auf zwei Tage angesetzten Verhandlungen für den Tarifbezirk Nordwürttemberg/Nordbaden am Montag und Dienstag sowie die am kommen den Freitag stattfindenden Verhandlungen in Nordrhein–Westfalen. „Nutzen die Metallarbeitgeberverbände diese Chance nicht, und bleibt es bei der von Gesamtmetall programmierten Verweigerungshaltung“, heißt es in einer Erklärung des IGM–Vorstandes, „so wird der Vorstand der IG Metall sich nach den kommenden Verhandlungen mit möglichen regionalen Anträgen auf Scheitern der Tarifverhandlungen beschäftigen“. Die IG Metall sei nach wie vor zu einer Lösung des Tarifkonflikts in regionalen Tarifverhand lungen bereit. Jedoch hätten die Arbeitgeber nach viereinhalb Monaten und 85 regionalen Verhandlungen immer noch keinerlei Ansatz zur Lösung des Tarifkonflikts auf dem Verhandlungswege erkennen lassen. Maßstab eines Kompromisses, heißt es in der Erklärung des Vorstandes, sei die Einführung der 35–Stunden–Woche, gegenbenenfalls auch in einem Stufenplan, sowie Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit, „die die Belastung der Arbeitnehmer nicht vergrößern, das Familienleben nicht beeinträchtigen, Arbeitsplätze sichern und schaffen“. Die Arbeitnehmer der Metallindustrie werden aufgefordert, die Verhandlungstermine der kommenden Woche mit Warnstreik–Aktionen in allen Tarifgebieten zu begleiten. Daß es zu einer Einigung in der kommenden Woche kommt, gilt als unwahrscheinlich. Wie ein Sprecher des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall der taz gegenüber erklärte, könne es keinen Kompromiß geben, der nicht auch von den Mittel– und Kleinunternehmern getragen würde, die 80 Prozent der Verbandsmitgliedschaft stellen. Fortsetzung auf Seite 2 Diese aber vertreten traditionell einen kompromißloseren Arbeitgeberstandpunkt als die finanzkräftigen Großunternehmen, die eher in der Lage sind, Veränderungen der Arbeitszeit durch Umorganisation aufzufangen. Sollte es in den Verhandlungen Anfang nächster Woche nicht zu einem Kompromiß kommen, kann die IG Metall das Scheitern der Verhandlungen erklären. Dies bedeutet nicht automatisch Arbeitskampf. Die Gewerkschaft kann ihre Mitglieder im betroffenen Tarifbezirk zur Urabstimmung aufrufen. Stimmen mehr als 75 Mitglieder für Streik ist organisa tionsintern der Weg für den Arbeitskampf frei. Andererseits kann die Gewerkschaft unterhalb der Streikvorbereitung ein Spitzengespräch mit den Arbeitgebern fordern oder die Schlichtung anrufen, bei der eine neutrale Persönlichkeit mit den Tarifparteien um eine Lösung verhandelt. Derzeit stehen sich Forderung und Angebot noch unvereinbar gegenüber. 12.000 Daimler–Arbeiter in Sindelfingen traten am Freitag in den Warnstreik. Auch aus Berlin und Nordrhein–Westfalen wurden weitere Warnstreiks gemeldet. Insgesamt haben sich nach Angaben der IG Metall bisher über 600.000 Arbeitnehmer an Warnstreiks beteiligt.