Saurer Regen trübt Reagan–Besuch

■ Tausende demonstrierten bei dem kanadisch–amerikanischen Gipfeltreffen in Ottawa gegen die Umweltpolitik der USA / Reagan schiebt Bekämpfung des Problems auf die lange Bank / Schon 14.000 kanadische Seen sind Opfer der sauren Niederschläge

Von Silvia Sanides–Kilian

Washington (taz) - Tausende von Demonstranten protestierten am Sonntag in der kanadischen Hauptstadt Ottawa während einer Gipfelkonferenz zwischen Präsident Reagan und dem kanadischen Premierminister Brian Mulroney gegen die amerikanische Saure– Regen–Politik. Das Saure–Regen– Problem überschattet zunehmend die Beziehung zwischen den USA und Kanada. Mulroney gab dem Druck der Bevölkerung und seiner Opposition im Parlament nach und schlug Präsident Reagan am Sonntag vor, einen Vertrag zu unterzeichnen, mit dem sich die Amerikaner verpflichten, Emissionen aus Kohlekraftwerken und Kraftfahrzeugen bis 1994 um 50 Prozent zu reduzieren. Die Kanadier haben bereits im vergangenen Jahr ein entsprechendes Gesetz zur Verminderung der Emissionen in Kanada verabschiedet. 50 Prozent des in Kanada niedergehenden sauren Regens kommt über die Grenze aus den USA. 14.000 kanadische Seen sind den sauren Niederschlägen zum Opfer gefallen, und die Kanadier sehen führende Industriezweige wie Fischerei, Holzverarbeitung, Ahornsyrupproduktion und Tourismus zunehmend bedroht. Die Devise in Washington hieß bisher jedoch „langsam machen“. Reagan hat mit der Forderung nach mehr Forschung die Bekämpfung des Problems auf die lange Bank geschoben. Während eines Gipfels mit Mulroney im vorigen Jahr hatte der Präsident lediglich versprochen, 2,5 Mrd. Dollar in den nächsten fünf Jahrenfür „innovative Demonstrationsobjekte“ zur Bekämpfung von Luftverschmutzung bereitzustellen. Erst Ende März brachte er einen entsprechenden Antrag im US– Kongress ein. „Bei diesem Tempo werden sich die aus den USA eingeführten sauren Niederschläge bis in die neunziger Jahre um kein Gramm vermindert haben“, beklagte sich der Umweltsprecher der Oppositionspartei Charles Caccia am Freitag im kanadischen Parlament. Weitere 300.000 Seen sind bedroht, so Umweltexperten in Kanada. Die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern, die Landeshoheit über die Nordwestpassage und Verteidigungsfragen waren weitere kontroverse Diskussionspunkte. Ein erfolgreicher Ausgang des Gipfels gilt als bedeutend für den konservativen Premier Mulroney, da dessen Popularität aufgrund mehrerer Skandale auf einen Tiefpunkt gesunken ist. Für Reagan ist der Gipfel wichtig, weil er der erste Auslandsbesuch seit dem Beginn des Iran–Contra– Skandals im November ist.