P O R T R A I T Ganove und Schriftsteller

■ Roger Knobelspiess, Autor zweier Bücher über die Hochsicherheitstrakte und Lieblingsbandit der Intellektuellen, wurde nach einem Banküberfall festgenommen

Anfang der 80er Jahre war er Lieblingsbandit der französischen Intellektuellen und gleichzeitig Feind Nummer Eins der Flics: Roger Knobelspiess. Am Montagabend wurde der inzwischen 39jährige, der die Hälfte seines Lebens hinter Gittern verbracht hat, nach einem Banküberfall und einer abenteuerlichen Verfolgungsjagd in der südfranzösischen Stadt Perpignan festgenommen. Als Präsident Mitterrand am 30. Oktober 1981 Roger Knobelspiess begnadigte, fand die liberale Presse Verständnis. Der Sohn einer neunköpfigen Arbeiterfamilie war 1972 nach einem Raubüberfall, bei dem er klägliche 800 Francs (damals umgerechnet knapp über 400 Mark) erbeutete, zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Knobelspiess selbst hatte die Tat immer bestritten. Für seine Freilassung und die Wiederaufnahme des Verfahrens hatte sich eingesetzt, was in Hochsicherheitstrakt, den er neun Jahre von innen her kennenzulernen Gelegenheit hatte. Noch kein Jahr war Knobelspiess auf freiem Fuß, als er wieder für Schlagzeilen sorgte. „Knobelspiess gesucht“, las er nach einer Schießerei am 24. September 1982 in der Morgenpresse und stellte sich noch am gleichen Tag dem Fernsehen, um zu verkünden: „Ich bin unschuldig, ich habe ein Alibi“. Die Pistole, die man am Tatort gefunden habe, erläuterte er weiter, gehöre übrigens tatsächlich ihm. Er habe sie gekauft, nachdem drei Anschläge auf ihn verübt worden seien. Zwei Wochen später präsentierte er sich dem Gericht, das ihn nach einem Verhör wieder auf freien Fuß setzte. Im Juni 1983 wurde Knobelspiess dann wieder festgenommen. Man hatte in seinem Auto Geld, Schecks und Waffen aus einem Überfall auf einen Geldtransporter gefunden. Viele Intellektuelle zeigten sich über ihren Lieblingsbanditen enttäuscht. Der Schriftsteller war von seinem Milieu eingeholt worden. Foucault hingegen bemerkte lapidar: „Mich wundert es nicht, daß ein Mann, den man neun Jahre lang wegen 800 Francs eingesperrt hat, sich zwei Millionen nimmt.“ Im Januar 1986 kam Knobelspiess frei. Zu einem Gerichtstermin im Dezember 1986, bei dem es um die Schießerei von 1982 ging, erschien er nicht. Begründung: Gegen die Polizisten, die 1983 auf ihn geschossen hätten, sei nie Anklage erhoben worden. thos