V O L K S Z Ä H L U N G Was tun? ... gegen das Bußgeld?

■ Exklusiv für taz–Leser/innen: rechtliche Tips für alle Volkszählungslagen / Fünfter und letzter Teil

Schauermärchen über Bußgeld als Vorstrafe und schwindelerregende Höhen der Bußgelder und Kosten machen im Zusammenhang mit der Volkszäh lung die Runde. Aber Bußgeld ist keine Kriminalstrafe, also auch keine Vorstrafe. In der rechtlichen Qualität ist es vergleichbar dem falschen Parken. Der gesetzliche Bußgeldrahmen geht zwar bis 10.000 Mark. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen kann gegen Volkszählungsmuffel aber wohl kaum mehr als eine Buße von 150 bis 350 Mark verhängt werden. Es richtet sich unter anderem auch nach dem Einkommen des Betroffenen. Im Juli, vielleicht auch erst nach den Sommerferien, kann es Bußgeldbescheide geben. Sie müssen förmlich zugestellt werden. Dagegen gibt es die Möglichkeit des Einspruches und zwar - das ist ganz wichtig - innerhalb von zwei Wochen. Lediglich für unverschuldet Säumige gibt es noch die Wiedereinsetzung des Verfahrens. Für den Einspruch braucht man/frau keinen Anwalt. Er muß auch nicht begründet werden. Auf den Einspruch prüft die Behörde erst einmal, ob sie das Verfahren nicht besser gleich einstellt. In Verkehrs sachen geschieht dies vieltausendfach in Zweifelsfällen. Sonst entscheidet das Amtsgericht, im Normalfall jedoch nicht vor Herbst 87. Die Aussichten der Verteidigung sind gar nicht so schlecht. Im Prozeß müßte nachgewiesen werden, daß die Fragebögen angekommen, aber nicht beim Zähler abgegeben und auch nicht an die Erhebungsstelle ausgefüllt geschickt wurden. Und der Nachweis der Schuld ist erforderlich. Das wird nicht immer leicht sein, besonders dann nicht, wenn der Zähler die Betroffenen gar nicht zu Gesicht bekommen hat. Es gibt keine Verpflichtung, die Fragebögen per Einschreiben zurückzuschicken, ganz im Gegenteil, die zusätzlichen Kosten müßte man/frau selbst bezahlen, da nur die normalen Briefgebühren vom Staat getragen werden. Auch die Rechtslage ist alles andere als klar und eindeutig. So ist zum Beispiel nach dem Volkszählungsgesetz (§ 13 IV 4) die „Auskunft erteilt, sobald die ausgefüllten Erhebungsvordrucke der Erhebungsstelle zugegangen sind“, während nach der Bußgeldvorschrift des Bundesstatistikgesetzes (§ 23) die „Auskunft richtig, vollständig und rechtzeitig“ erteilt sein muß. Auch verfassungsrechtliche Bedenken muß das Gericht prüfen. Ist das alles nicht nachweisbar, muß Freispruch erfolgen. Dann trägt die Staatskasse alle Kosten, auch die der Verteidigung. Die Gerichtskosten sind aber sowieso nicht bedrohlich. Ohne Rechtsanwaltskosten ist so ein Prozeß für 20 bis 40 Mark zu haben. Aber auch hier macht erst die Masse unwiderstehlich. Wenn Tausende gegen ein Bußgeld vor Gericht ziehen, haben die Amtsgerichte bis in die neunziger Jahre zu tun. Absolute Verjährung tritt nach vier Jahren ein. Wenn es Hunderttausende sind, geht bei Behörden und Gerichten nichts mehr. Genaue Rechtsinformationen gibt auch die von der Humanistischen Union und dem Republikanischen Anwältinnen– und Anwaltsverein herausgegebene „Rechtsschutzfibel“. Erschienen im Elefantenpress–Verlag, 48 S., 4 DM