EG steuert streng auf Atomkurs

■ Straßburger Parlamentarier stimmten nach Tschernobyl–Debatte für den Erhalt einer „unverzichtbaren Energiequelle“ / Gegen atomare Misthaufen an den Grenzen zu Nachbarländern

Straßburg (dpa/ap/taz) - Nach einer ganztägigen Tschernobyl– Debatte hat sich das Europa–Parlament in Straßburg am Mittwoch gegen den Ausstieg aus der Atom energie ausgesprochen. Atomenergie werde noch „über viele Jahre hinweg“ eine wichtige Energiequelle bleiben. In einer Zusatzentschließung forderten sie „höchstmögliche Sicherheitsnormen“ für alle Atomanlagen. Sicherheitsbemühungen seien ohne Rücksicht auf die Kosten voranzutreiben. AKWs sollten verstärkt automatisiert werden, um „eventuell mögliches menschliches Versagen zu minimalisieren“. Spannendster Punkt der Debatte war die Diskussion über grenznahe Atomanlagen. Das Parlament forderte eine verbindliche EG–weite Regelung. Innerhalb einer Zone von 100 Kilometern von der Grenze sollten Atomanlagen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Nachbarn gebaut werden. „Es ist üblich“, kritisierte der Sprecher des Umweltausschusses, Siegbert Alber (CDU), „Kernkraftwerke an die Grenze zum Nachbarn zu setzen, wie Kleingärtner ihren Misthaufen an die Grenze zum Nachbarn.“ In der Diskussion des Tschernobyl–Unfalls wurde der „völlige Mangel an Koordination“ nach dem Super–GAU innerhalb der EG vom SPD–Abgeordneten Schmid gerügt. Andere Atomgegner warnten vor „dem Versuch, hochgradig verseuchte Erzeugnisse in Drittländer zu exportieren“. Nach der Debatte stimmten nur die sozialistische Fraktion (mit Ausnahme der Franzosen) und die Regenbogenfraktion der Grünen für den Ausstieg. Der Antrag der Grünen, die radioaktive Belastung von Lebensmitteln auf den Etiketten anzugeben, wurde ebenfalls abgelehnt. Der Export radioaktiv verseuchter Lebensmittel wurde dagegen in einer Entschließung „scharf verurteilt“ und für die Verfütterung radioaktiv belasteter Futtermittel ein Verbot gefordert. -man–