Argentiniens neuer Heereschef muß vor Gericht

■ Der nach dem Putschversuch vom argentinischen Präsidenten Alfonsin neuernannte Heereschef General Caridi muß sich im Juni wegen Menschenrechtsverletzungen vor einem Militärgericht verantworten / Neun weitere Generäle in den Ruhestand versetzt

Buenos Aires (afp/taz) - Mit der Ernennung eines neuen Heereschefs und der vorzeitigen Entlassung von neun Generälen des Heeres hat die jüngste Krise in Argentinien einen vorläufigen Abschluß gefunden. Am Ostersonntag war es Staatspräsident Raul Alfonsin nur mit großer Mühe gelungen, eine Meuterei rechtsgerichteter Offiziere in der bei Buenos Aires gelegenen Kaserne Campo de Mayo zu beenden. Nach einer Unterredung mit Verteidigungsminister Horacio Jaunarena ernannte Alfonsin am Montag den bisherigen Generalinspekteur des Heeres, General Jose Segundo Caridi, zum neuen Generalstabschef des Heeres. Caridi tritt die Nachfolge von General Hector Rios Erenu an, der am Vortag auf eigenen Wunsch vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden war. Die Ablösung Erenus war eine der Forderungen der Meuterer in der Kaserne Campo de Mayo. Daß ausgerechnet General Caridi die Nachfolge Erenus antritt, riecht nach Kompromiß. Immerhin hat sich der 56jährige Offizier im Juni vor einem Zivilgericht für Vergehen während der Militärdiktatur 1976–1983 zu verantworten. Sein Name steht außerdem auf einer Liste von Offizieren, die argentinische Menschenrechtsgruppen am 1. April dem Senat mit der Forderung übergeben hatten, die Genannten bis zum Abschluß einer Untersuchung über ihr Verhalten während der Diktatur nicht zu befördern. Die Anführer der Rebellion der Kaserne Campo de Mayo sowie der Meuterei zwei Tage zuvor in einem Fallschirmjäger–Regiment in Cordoba, nordwestlich von Buenos Aires, hatten die Einstellung aller Prozesse gegen Angehörige der Streitkräfte wegen Menschenrechtsverletzungen während der Diktatur gefordert, was der neue Generalstabschef schon in seinem ureigensten Interesse unterstützen dürfte. Gleichzeitig mit der Beförderung Caridis wurden neun Generäle in ihrer Eigenschaft als Ober kommandierende der Streitkräfte in den Ruhestand versetzt. Es waren just dieselben neun, die von den Rebellen als Wunschkandidaten für den Posten des Heereschefs genannt worden waren. Daß die Meuterer andererseits vor die Militärjustiz und nicht wegen Hochverrat vor die zivile Justiz gestellt werden, dürfte ebenfalls Teil eines Kompromisses sein, mit dem es Alfonsin gelungen ist, die Rebellion in Teilen der Streitkräfte zu beenden. Wenn Alfonsin noch zwei Jahre durchhält, wird er der erste Präsident Argentiniens seit 1943 sein, der seine Amtszeit regulär durchgestanden hat. thos