Maxhütte–Konkurs: Klöckner als Buhmann

■ Oberpfälzer Stahlwerk ist mit 700 Millionen DM verschuldet / Mißmanagement von Klöckner / Bayerische Staatsregierung verdiente am Untergang der Maxhütte und will eigene Untätigkeit kaschieren / Milliarden für die WAA, wenige Millionen für die Maxhütte / „Kampf um Arbeitsplätze geht weiter“

Aus Nürnberg Bernd Siegler

„Wir müssen uns aus den Klauen Klöckners befreien“ hatte Heinrich Schäffer, Betriebsratsvorsitzender der Maxhütte, schon seit Jahren gefordert. Daß sein Wunsch erst mit dem Konkurs des einzigen bayerischen Stahlproduzenten und größten Arbeitgebers der Oberpfalz in Erfüllung gehen sollte, hatte er jedoch nicht gedacht: Am Gründonnerstag um 15.45 Uhr akzeptierte das Amtsgericht Amberg den Konkursantrag der Eisenwerk–Gesellschaft– Maximilianshütte, kurz Maxhütte genannt. Grund: unüberbrückbare Liquiditätsschwierigkeiten und eine Schuldenlast von 700 Millionen DM. Während sich nun - bisher ohne Ergebnis - hinter den Kulissen hektische Betriebsamkeit ent wickelt, wird in den Standorten Sulzbach–Rosenberg, Maxhütte– Haidhof und Auerbach weiterproduziert als wäre nichts geschehen. Erleichterung beherrscht die Szenerie. Mmit dem Duisburger Klöckner–Konzern, dem größten Gesellschafter der Maxhütte, sei „das größte Übel“ (Schäffer) weg. Selbst Innenminister August Lang, gebürtiger Oberpfälzer, ist froh, daß mit dem Konkurs jetzt endlich ein „Schlußstrich zwischen dem Klöckner–Konzern und der Maxhütte gezogen“ sei. Angesichts des eingeleiteten Konkursverfahrens scheint es jetzt für Mitglieder der bayerischen Staatsregierung opportun zu sein, die bisher von Gewerkschaften und SPD geäußerte harte Kritik am Management des Duisburger Konzerns mitzuschüren. Damit läßt sich leicht von eigenen Versäumnissen ablenken. „Man hätte das, was man jetzt scheinbar zu tun bereit ist, vorher tun müssen“, kritisiert Gesamtbetriebsratsvorsitzender Franz Kick vorsichtig die bisherige Linie der bayerischen Staatsregierung. Sie hatte ihre Untätigkeit immer wieder lapidar mit ordnungspolitischen Gründen gerechtfertigt. In der Tat ist die Talfahrt des 133 Jahre alten Stahlwerkes untrennbar mit dem Duisburger Stahlkonzern verbunden. 1977 kaufte sich Klöckner für 270 Millionen DM in die Maxhütte ein. Zwei Jahre später gehörten ihm 100 Prozent. Von ehemals über 9.000 Arbeitsplätzen blieben trotz Millionensubventionen und insgesamt fünf Anpassungs– und Strukturprogrammen angesichts der Stahlkrisen derzeit nur 4.700 Arbeitsplätze übrig. Klöckner re duzierte seine Beteiligung an der Maxhütte mittlerweile auf 49,6 Der Rest gehört dem australischen Rohstoff–Multi CRA, der Schweizerischen Bankgesellschaft und dem Eschweiler Bergwerksverein (Arbed). Nach dem Zwischenhoch im Frühjahr 1986 (Vollbeschäftigung bei knapp 6.000 Beschäftigten) ging es mit der Maxhütte rapide bergab. Sinkende Schrottpreise ließen die Konkurrenz ausländischer Mini–Elektrostahlwerke übermächtig werden. Subventionierter Importstahl, schlechte Baukonjunktur, fallende Dollarkurse und die Entschuldung des direkten Konkurrenten Arbed–Saarstahl verschlechterten zusätzlich die Absatzchancen des in der Maxhütte produzierten Stahls. Auf der Bilanzpressekonferenz Ende März dieses Jahres läßt Herbert Gienow, Chef der Klöckner–Werke AG, die Katze aus dem Sack. Trotz eines „operativen Gewinns“ von 45 Millionen DM im Gesamtkonzern soll aus der Maxhütte ein „konkurrenzfähiges Mini–Stahlwerk“ mit 3.250 Beschäftigten werden. Insider vermuten jedoch, daß Klöckner auf die EG–Stillegungsprämie von 630 DM pro nichtproduzierter Tonne Stahl spekuliere. Noch im Mai 1983 hatte Bayerns Wirtschaftsminister Anton Jaumann vollmundig angekündigt, Klöckner könne nicht tun und lassen, was er wolle. Tatsächlich wurde 1981 im Vertrag zwischen Maxhütte, Bund und Freistaat im Gegenzug zur Erteilung von Investitionshilfen festgelegt, daß ein Verkauf von Betriebsteilen oder eine Veränderung der Produktpalette der Zustimmung von Bund und Land bedarf. Ansonsten könnten Zuschüsse zurückgefordert werden. Doch die Klöckner– Vorstände wußten, mit wem sie an einem Tisch saßen, hatte doch gleichzeitig der bayerische Wirtschaftsstaatssekretär und WAA– Koordinator Georg Freiherr von Waldenfels immer wieder betont, der Staat sei „keine Reparaturwerkstätte für strukturschwache Unternehmen“. Folglich unternahm der Freistaat auch nichts, als es galt, den letzten großen Coup des Hauses Klöckner zu verhindern. Ende 1985 kaufte Klöckner für 120 Millionen das Herzstück der Maxhütte, das moderne Kaltwalzwerk (KWW) in Maxhütte– Haidhof mit 720 Arbeitsplätzen zurück. Einzige Absicht dieser Transaktion war die Stillegung des bis dahin gewinnbringenden Werkteils, um die Stahlquoten dem unausgelasteteten Klöckner Werk in Bremen zuzuschanzen. „Dauerarbeitsplätze werden dubiosen Konzerninteressen geopfert“, hatte damals Landrat Hans Schuierer kritisiert und den Freistaat vergeblich zum Eingreifen aufgefordert. Seit 1.April dieses Jahres stehen in Haidhof die Räder still. Das SPD–regierte Bremen revanchierte sich für das Stillhalten Bayerns auf seine Weise. Damit Klöckner in den Genuß der Stillegungsprämie für das KWW kam, zahlte Bremen das für die Bundeszuschüsse notwendige Drittel. Zusätzlich befürwortete Bremen im Bundesrat eine Investitionszulage von 10 dem Topf zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Mit diesem stattlichen Steuergeschenk von 600 Mio DM für die WAA–Betreiberfirma DWK wäre die Maxhütte saniert gewesen. Während ein WAA–Arbeitsplatz etwa 1,7 Mio DM kosten wird, wären die 800 Arbeitsplätze im KWW mit nur 40 Mio DM zu retten gewesen. „Man läßt die Region ausbluten, um die Akzeptanz für die ungeliebte WAA zu erhöhen“, kommentierte Schäffer die Lage. Zusätzlich verdiene der Freistaat am Untergang der Maxhütte, fügte er verbittert hinzu. Während die Staatsregierung der DWK zusätzlich eine Landesbürgschaft von zwei Milliarden angeboten hatte, muß die Maxhütte bei ihren beiden staatlichen Hausbanken, der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Landesbank für Aufbaufinanzierung, satte 10,75 bzw. 10,25 zahlen. Mit großer Mehrheit schmetterte die CSU immer wieder die Vorschläge für eine Staatsbeteiligung an der Maxhütte, den Kauf von Immobilien, Senkung der Zinsen und Einleitung einer Entschuldung ab. Erst drei Tage vor den Landtagswahlen bekommt die Maxhütte den ersehnten Zahlungsaufschub und eine Senkung der Hochzinsen um drei Prozent. Mitte Januar 1987 kauft der Freistaat der Maxhütte nicht–betriebsnotwendige Immobilien für 52 Millionen DM ab, um so die kurzfristige Zahlungsfähigkeit zu sichern. „Wiederholt haben wir die Staatsregierung auf Knien gebeten, die Grundstücke zu kaufen“, äußert Betriebsrat Schäffer resigniert. Jetzt sei es zu spät, „das Kaltwalzwerk ist nicht mehr zu retten“. Die Stimmung in der Maxhütte ist derzeit gedrückt, aber doch voller Hoffnung. Gesamtbetriebsratsvorsitzender Kick warnt jedoch: „Wer nur nach dem Prinzip Hoffnung lebt, kann bittere Enttäuschungen erleben“. Schon jetzt zeichnet sich ab, daß die von den Gewerkschaften gewünschte direkte Beteiligung des Freistaats in Höhe von 50 von nur 2.500 Dauerarbeitsplätzen spricht. „Der Kampf um die Arbeitsplätze geht weiter“, kündigt Kick an.