Becquerel–Rekord in der Türkei

■ In Bodenproben am Schwarzen Meer wurde eine außergewöhnlich hohe radioaktive Verseuchung gemessen / Zentrales Tee–Anbaugebiet ist betroffen / Auch Lebensmittel stark belastet

Berlin (taz) - Das Münchner Umwelt–Institut hat gezielt Bodenproben und Lebensmittel aus der Türkei untersucht. Das Ergebnis ist alarmierend. Erde aus dem zentralen Tee–Anbaugebiet des Landes war mit einer Gesamtradioaktivität von bis zu 220.000 Becquerel/Quadratmeter (Summe aller Nuklide) verseucht. „Diese immens hohen Werte“, so der Wissenschaftler Helmut Scholz, der die Untersuchung durchführte, „ist achtmal so hoch wie der südbayerische Mittelwert. Er liegt 180fach über dem durchschnittlichen Bodenwert der BRD vor Tschernobyl.“ Schon die Bodenproben aus Edirne an der bulgarischen Grenze waren mit 10.125 bq pro Quadratmeter hoch belastet. Trabzon am Schwarzen Meer wurde mit 17.250 bq gemessen. Den relativ niedrigen Werten von Ankara (1.200 bq) und Istanbul (1.500bq) stand dann der „wahnsinnig hohe Wert“ (Scholz) in Rize am Schwarzen Meer gegenüber. Zwei Bodenproben zeigten 127.575 bzw. 220.425 Becquerel. Rize liegt im zentralen Tee–Anbaugebiet des Landes. Hier hatte es nach dem Tschernobyl–Unfall stark geregnet. Das Münchner Institut hat zugleich Lebensmittel aus der Türkei gemessen und hier ebenfalls bedenkliche Werte vor allem im Fleisch festgestellt. Eine Probe Rindfleisch aus Edirne war mit 452 bq/kg belastet, Kalbfleisch mit 242 bq/kg. Frische Teeblätter aus den Plantagen von Rize hatten 524 bq/kg. Nach der Trocknung ergibt sich hieraus ein Endprodukt mit rund 2.550 bq. Zum Vergleich: Unabhängige Wissenschaftler empfehlen Lebensmittel bis maximal 50 bq als noch tolerabel. Die Untersuchungen waren von dem Heidelberger Arzt Karl–Heinrich Adzersen initiiert worden. man