Waldheim - liebes Kind

■ Ungarn, Ägypten und Jordanien laden Österreichs Skandalpräsidenten Kurt Waldheim zum Staatsbesuch ein

Wien (afp) - Zu grotesken diplomatischen Kapriolen führt die Entscheidung der USA und Kanadas, den österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim aufgrund seiner nationalsozialistischen Vergangenheit zur unerwünschten Person zu erklären. Entgegen den Spekulationen von Beobachtern über einen möglichen internationalen Boykott gegen den ehemaligen UNO–Generalsekretär hat jetzt Ungarn als drittes Land nach Jordanien und Ägypten Waldheim demonstrativ zu einem Staatsbesuch eingeladen. Dies teilte der ungarische Außenminister nach einem dreitägigen Besuch in Wien mit. Gleichzeitig übte die Rude Pravo, Organ der tschechoslowakischen KP, heftige Kritik an der US–Kampagne gegen Waldheim. Die amerikanische Entscheidung, so schrieb das Blatt, ziele gar nicht gegen Waldheim, sondern gegen die Neutralität Österreichs. Washington habe Waldheim nicht wegen seiner Vergangenheit ausgeladen - es seien gar keine Beweise für seine Schuld zu haben - und außerdem hätten Kriegsverbrecher wie Karl Linnas und Andrei Artukowic lange Zeit ungestört in den USA gelebt. Vielmehr sei Waldheims Unterstützung für die palästinensische Befreiungsorganisation PLO während seiner Amtszeit als UNO–Generalsekretär der Stein des Anstoßes für „amerikanische zionistische Organisationen“. Die österreichische Regierung tut unterdessen so, als sei nichts gewesen. Wie geplant wird Kanzler Franz Vranitzky Ende Mai in die USA reisen und zuvor ein detailliertes Weißbuch über die Kriegsjahre Waldheims vorlegen.