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Tagebücher belasten Reagan

■ Contra–Spenden der US–Steuer hinterzogen / Persönliche Aufzeichnungen beweisen Reagans „sehr tiefe Verstrickung“ / Weißes Haus wäscht Ronalds Hände in Unschuld

Washington (ap/afp/taz) - Die Affäre um die Waffenlieferungen der USA an Iran und die Weiterleitung des damit erzielten Gewinnes an die nicaraguanischen Contras hat am Mittwoch eine neue Wende genommen. Der als politischer Spendensammler tätige Carl Chanell bekannte sich in Washington schuldig, zusammen mit dem entlassenen Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates, Oberstleutnant Oliver North, die Steuern für zwei Millionen Dollar hinterzogen zu haben, die für die Contras gesammelt wurden. Chanell bestätigte auch, daß er Spender mit ins Weiße Haus genommen habe, wobei es mehrfach Zusammenkünfte mit Präsident Reagan gegeben hätte. Nach Berichten der Washington Post vom Freitag hatte Chanell ursprünglich geplant, dem damaligen Präsidentenberater und Reagan–Intimus David Fischer jedesmal 50.000 Dollar zu überweisen, wenn dieser ein Treffen Reagans mit Chanells wichtigsten Spendern arrangierte. Später habe Fischer regelmäßig 20.000 Dollar monatlich erhalten und 1985 insgesamt sieben solcher Zusammenkünfte organisiert, über die Reagan in seinen Tagebüchern Notizen machte. Der Vorsitzende des Senatsausschußes, der die Affäre um die heimlichen Waffenlieferungen an Iran und die Verwendung der Gewinne untersucht, hat am Mittwoch unter Berufung auf Reagans persönliche Aufzeichnungen erklärt, der Präsident sei bei der Beschaffung privater Gelder für die Contras keine bloße Randfigur gewesen. Senator Daniel Inouye sprach in einem Interview mit dem US–Fernsehsender CBS sogar von einer „sehr tiefen Verstrickung“ des Präsidenten. Manche seien der Ansicht, Reagan werde alt und wisse nicht mehr, was um ihn herum geschehe, sagte Inouye. „Nach dem, was wir gesehen haben, zum Beispiel in einigen Notizen, müssen wir sagen, daß er von den Vorgängen wußte“. Die von Chanell und North abgesprochene Steuerhinterziehung stellt nach Ansicht des Weißen Hauses dagegen keine Belastung für den Präsidenten dar. Präsidialsprecher Marlin Fitzwater sagte dazu am Donnerstag: „Nach der Rechtsauffassung des Weißen Hauses hat der Präsident keinen Anteil an dieser Verabredung.“ Reagan sei der Ansicht gewesen, bei den Zusammenkünften mit den Spendern sei es darum gegangen, ihnen dafür zu danken, daß sie Anzeigen zugunsten der Contras finanzierten. „Nach seinem Verständnis wurde das Geld für Anzeigenzwecke gesammelt“, sagte Fitzwater. Nach damals geltendem US–Recht war die Unterstützung der Contras illegal.

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