Waldheim sucht sich Prüfungskommission

■ Eine von Waldheim selbst und der österreichen Regierung handverlesene Kommission von Militärhistorikern soll die Vergangenheit des österreichischen Bundespräsidenten begutachten / Die Belastung durch die Affäre Waldheim wird Österreich noch lange erhalten bleiben

Aus Wien Michael Schmid

Eine internationale Kommission von Historikern soll möglicherweise die Vergangenheit des österreichischen Präsidenten Kurt Waldheim aufklären. Dieser von verschiedenen Seiten geäu ßerte Vorschlag wurde auch von Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) befürwortet. Waldheim selbst ist bereit, sich einer solchen Kommission zu stellen. Die Bereitschaft scheint begründet: Außenminister Alois Mock (ÖVP) kündigte nämlich gestern in Wien an, Waldheim selbst und die Regierung würden über die Zusammensetzung der Kommission entscheiden. Es sollen Militärhistoriker berufen werden. Der Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, Simon Wiesenthal, der neben ande ren das Gremium angeregt hatte, erklärte dazu, unter diesen Voraussetzungen brauche man den Ausschuß nicht. Auch Universitätsprofessorin Erika Weinzierl, die als Expertin für Nationalsozialismus gilt, hält nicht allzuviel von einer solchen Kommission. Im Vorjahr hatte eine Expertenrunde, bei der auch Erika Weinzierl beteiligt war, aus den ihr vorliegenden Unterlagen geschlossen, daß Waldheim zwar nicht selbst an Kriegsverbrechen beteiligt war, aber mindestens von der Partisanenjagd in Jugoslawien wußte. „Für die Richtigkeit Waldheim“ steht auf entsprechenden Dokumenten. Der damalige Präsident Kirchschläger erklärte daraufhin, er als Staatsanwalt würde Waldheim aufgrund der vorhandenen Unterlagen nicht als Kriegsverbrecher anklagen. Sollte eine Militärhistorikerkommission eingesetzt werden, so ist anzunehmen, daß die Waldheimaffäre noch geraume Zeit Schlagzeilen macht. Derlei Kommissionen tagen meist lange, bis sie zu Ergebnissen kommen. Auch die Reaktionen Israels oder der USA auf die Kommissionsergebnisse sind höchst unsicher. Es geht indessen in der Öffentlichkeit auch schon längst nicht mehr um den „Kriegsverbrecher Waldheim“, sondern um den „Lügner Waldheim“, um die Glaubwürdigkeit des Bundespräsidenten. Dies bestätigt auch Erika Weinzierl auf Grund der Erfahrungen, die sie auf Vortragsreisen in den USA und Nordeuropa gemacht habe. Sie meint, daß sich Waldheim „vorsichtig ausgedrückt, höchst ungeschickt verhalten“ habe. Sie sieht als einzigen Ausweg aus der verfahrenen Situation eine Klage Waldheims gegen den Beschluß der USA, ihn wegen seiner als Tatsache angesehenen Verwicklung in Nazi–Kriegsverbrechen auf die „watch list“ zu setzen und faktisch aus den USA auszusperren. Sollte sich Waldheim auch weiterhin zu nichts anderem als zu Unschuldsbeteuerungen und Wehklagen über die böse Kampagne gegen ihn durchringen können, so stehen Österreich noch fünf harte Jahre bevor. Bis auf weiteres wird wohl Kanzler Vranitzky die Alpenrepublik im Ausland vertreten und so zunehmend Gelegenheit erhalten, sich als Österreicher von Welt zu profilieren. Am Wochenende, als der Kanzler zur Eröffnung des jüdischen Museums in Amsterdam war, blieben Unmutsbekundungen jedenfalls aus. Einige hochrangige Mitglieder der jüdigen Gemeinde blieben der Zeremonie allerdings unter Hinweis auf Waldheim fern.