: Unchristliches beim Sonntagsblatt
■ Die Redaktion des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblattes wehrt sich gegen „Verlagsbeilagen“, in denen redaktionell aufgemachte Werbebotschaften erscheinen / Ein Redakteur ermahnt?
Aus Hamburg Ute Scheub
Unchristlicher Betrug in einer christlichen Zeitung? Bis auf zwei haben sämtliche Redakteurinnen und Redakteure des in Hamburg ansässigen Deutschen Allgemeinen Sonntagsblattes eine Erklärung unterzeichnet, die sich gegen die Praxis der Anzeigenabteilung ihres Blattes wendet: Redaktionell aufgemachte Werbebotschaften werden in der Zeitung über den Anzeigen in den regelmäßigen „Verlagsbeilagen“ plaziert. So warb in einer Ausgabe über einer großen „Factoring“–Anzeige der als „Gastautor“ vorgestellte Geschäftsführer der Süd–Factoring GmbH, Hans Volker Mayer, für die Vorteile dieses „moderne(n) Finanzierungs– und Dienstleitungsinstrument(s)“. In einem anderen Fall ersuchte die Kurdirektion des österreichischen Baden in einem Brief an die Anzeigenabteilung „um eine re daktionelle Anzeigenkombination“. „Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes ist die Tarnung subjektiver Werbeangaben als objektive redaktionelle Äußerung eine Irreführung der Leserschaft“, warnen die Unterzeichnenden und verweisen auf entsprechende Bestimmungen im hamburgischen Pressegesetz, im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und im Strafgesetzbuch, das für Betrug durch Vorspiegelung falscher Tatsachen bis zu vier Jahre Haftstrafe androht. Die RedakteurInnen wollen „deshalb künftig solche Verstöße zu vermeiden suchen“: Eine im Besitz der Kirche befindliche Zeitung sollte sich nach ihrer Meinung „wohltuend von den unlauteren „Praktiken in der Branche“ abheben. Dem Vernehmen nach soll einer der Unterzeichner bereits eine Abmahnung erhalten haben, weil er die technische Betreuung dieser „Verlagsbeilagen“ verweigert haben soll. Dazu wollte der Chefredakteur der Zeitung, Dietrich Sattler, keine Stellung nehmen: „Über personelle Angelegenheiten erteile ich keine Auskunft.“ Im übrigen werde gerade vom Justitiar der Zeitung geklärt, ob die in der Erklärung aufgeführten juristischen Befürchtungen zuträfen. Danach werde es ein klärendes Gespräch zwischen Redaktion und Anzeigenabteilung geben. Die „Verlagsbeilagen“, in denen manchmal sogar prostitutions–touristische Anzeigen mit nackten Mädchen erscheinen, sind ein Lieblingskind des Verlagsdirektors und Geschäftsführers Dr. Wilfried Schmidt–Busemann, der mit seinen bei „Doornkaat“ erlernten Geschäftsgebahren schon manchen Unmut bei den MitarbeiterInnen des Blattes hervorrief.
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