Kampf um Blüm–Nachfolge

■ Christliche DGB–Gewerkschafter wollen Kohl–Statthalter verhindern / Hanshorst Viehof kandidiert für CDA–Vorsitz / Für Sozialausschüsse wieder mehr Unabhängigkeit verlangt

Von Jakob Sonnenschein

Düsseldorf (taz) - Nach der gestrigen Wahl von Bundesarbeitsminister Norbert Blüm zum CDU– Vorsitzenden von Nordrhein– Westfalen verschärft sich nun in der Union der Kampf um die Führung der Sozialausschüsse, deren Vorsitz Norbert Blüm aufgibt. Der Nachfolger soll im Oktober auf der Bundestagung der Christlich–Demokratischen Arbeitnehmerschaft(CDA) gewählt werden. Ginge es allein nach Bundeskanzler Kohl, Geißler und Blüm, der neue Vorsitzende hieße Heinz Soenius. Soenius, Schatzmeister der CDA, CDU–Landtagsabgeordneter in NRW und Geschäftsführer der Kölner Stadtwerke, kennt Kohl aus gemeinsamen Junge–Union–Zeiten und wäre der Garant für die Einbindung der Sozialausschüsse in die Regierungspolitik. Gegen eine solche „Statthalter–Lösung“ wehren sich vor allem die christlichen DGB–Gewerkschafter. Sie sähen den Vorsitz am liebsten mit dem früheren CDA–Hauptgeschäftsführer und jetzigen Bundestagsabgeordneten Heribert Scharrenbroich besetzt. Doch Scharrenbroich, eher ein kritischer Begleiter der Koalition, verzichtete angesichts der mangelnden Unterstützung durch die Parteioberen auf die Bewerbung. Dabei muß es nicht bleiben, denn Scharrenbroich wird nicht nur von unteren CDA–Gliederungen bedrängt, auch in den oberen Etagen ist eine Umorientierung denkbar. Der Grund: die Kandidatur von Hanshorst Viehof. Nach dem Korb von Scharrenbroich hat die aktivste CDA–Untergruppe, die DGB Arbeitsgemeinschaft Christlich–Sozialer Kollegen, Viehof nominiert. Und dieser Kandidat hat es in sich. Viehof, einst von Blüm als Abteilungsleiter ins Arbeitsministerium geholt und später, im Streit um den §116 auf eigenen Wunsch von Blüm entlassen, will die Sozialausschüsse aus der Kabinettsdisziplin befreien, sie zu einem unabhängigen Sprachrohr für christliche Arbeitnehmer machen. Um diesen Mann sicher zu verhindern, würde Kohl wohl auch seinen Favoriten Soenius fallen lassen. Dem wäre zwar im CDA– Bundesvorstand gegen Viehof eine Mehrheit sicher, aber auf einer Bundesversammlung berge die Kampfabstimmung kaum kalkulierbare Risiken. „Die christlichen Kollegen im DGB unterstützen den Kollegen Hanshorst Viehof mit der gleichen Überzeugung und Festigkeit, wie wir die Kandidatur von Heribert Scharrenbroich gefördert hätten“, so der Olper DGB–Kreisvorsitzende und CDAler Karl Heinz Vorbrücken zur taz. Vorbrücken ist sich sicher, daß die CDA–Mitglieder nicht einen Kandidaten vom Bundeskanzler vorgesetzt bekommen wollen. Die CDA sei „sehr sensibel, wenn der Eindruck entsteht, daß der Kanzler sich in die Angelegenheiten der CDA einmischt“. Für Vorbrücken lautet die Alternative, entweder Scharrenbroich oder Viehof. Für den ebenfalls ins Gespräch gebrachten Berliner Sozialsenator Ulf Fink mag Vorbrücken sich trotz dessen „erfolgreicher Sozialpolitik in Berlin“ nicht erwärmen. Der sei nicht ein „klassischer Arbeitnehmerrepräsentant, sondern repräsentiert eher den Angestellten 2000“. Wie der Clinch sich in den nächsten Wochen entwickelt, steht dahin. Nur eins ist sicher. Gäbe Heribert Scharrenbroich dem Drängen nach, zöge Viehof seine Kandidatur zurück und Soenius hätte kaum noch Chancen.