Arias Friedensplan für Mittelamerika

■ Heute besucht der costaricanische Präsident die Bundesrepublik, um für seine Friedensinitiative zu werben / Sandinisten reagieren offen, obwohl das Ziel der Initiative darin besteht, sie innenpolitisch zu entmachten / Die anderen mittelamerikanischen Länder sind jedoch zurückhaltend

Von Eva Hase–Michalik

Vom 25. bis zum 29. Mai wird Oscar Arias, der Präsident Costa Ricas, früher die „Schweiz Mittelamerikas“ genannt, die Bundesrepublik besuchen. Doch mittlerweile hat das 2,5 Millionen Einwohner zählende bergige Land die höchste Pro–Kopf–Verschuldung Lateinamerikas. Fast vier Wochen weilt der, mit 45 Jahren noch junge Staatspräsident von Costa Rica, in Westeuropa, um die europäischen Regierungen von seinem „Friedensplan“ für Mittelamerika zu überzeugen. In Lateinamerika ist diese Initiative des costaricanischen Präsidenten immer noch umstritten, weil Costa Rica eben nicht mit demselben Gestus der Neutralität auftreten kann wie die Contadora–Gruppe aus Lateinamerika. Zu sehr sind die costaricanischen Verwicklungen gegen Nicaragua bekannt. Während der Anhörungen im Irangate–Skandal wurde erneut enthüllt, daß die US– Botschaft in Costa Rica ungehindert als Drehscheibe für den Contra–Nachschub fungiert. Die politischen Organisationen der Contra haben in San Jose ihren festen Sitz, immer noch operieren von Costa Ricas Süden aus bewaffnete Einheiten gegen Nicaragua. Zusätzlich erschien den Contadora– Unterstützerstaaten als Affront, daß Arias im Frühjahr unvermittelt die vierjährigen Friedensbemühungen der Contadora–Länder (Kolumbien, Mexico, Panama, Venezuela) und der Unterstützungsgruppe (Argentinien, Brasilien, Peru, Uruguay) beiseite schob und als Akteure seines Friedensplanes, neben seinem eigenen Land, nur die drei mittelamerikanischen Länder Guatemala, El Salvador und Honduras ins Spiel brachte. Vorausgegangen waren dieser Initiative im Januar heftige Attacken von US–Unterstaatssekretär Elliot Abrams gegen die „Contadora–Mitglieder“ Mexico und Peru, die er als „linksgerichtete Kräfte“ und heimliche Alliierte Nicaraguas bezeichnete. US–Isolationsversuch gescheitert Entgegen allen Isolationsversuchen der USA hatte Nicaragua bei den Contadora–Staaten Unterstützung gewonnen. Bestätigt durch das Urteil des Den Haager Gerichtshofes hatten die Contadora–Vorschläge eindeutig die US– Politik in der Region zum Hauptproblem erklärt. Besonders ein Punkt macht den Arias–Plan für die USA akzeptabler: Das Fehlen der Forderung nach Auflösung aller ausländischen Militärstützpunkte in Mittelamerika. Auch schwingt bei der Forderung nach „freien und pluralistischen Wahlen“ die Hoffnung mit, die Sandinisten in Nicaragua zu entmachten. In dem Arias–Friedensplan werden in einem genauen Zeitplan folgende Schritte der einzelnen mittelamerikanischen Länder angegeben: Neben einer politischen Amnestie wird die Aufnahme eines nationalen Dialoges mit der „unbewaffneten Opposition“, die Durchsetzung eines Waffenstillstandes, Einleitung eines Demokratisierungsprozesses mit allen bürgerlichen Freiheiten und freie Wahlen unter Kontrolle internationaler Organisationen gefor dert. Gleichzeitig soll bei dieser Wahl der Plan, ein Parlament für das gesamte Mittelamerika zu schaffen, verwirklicht werden. Der andere Komplex sind die Abschnitte, die sich auf Militärisches beziehen: Einstellung der ausländischen Waffenhilfe an regierungsfeindliche Gruppen, das Verbot, das jeweilige Territorium Gruppierungen zur Verfügung zu stellen, die andere Regierungen bekämpfen und Verhandlungen über eine Rüstungsreduzierung. Damit wäre die Einstellung der US–Hilfe für die Contra und das Verbot für Honduras und Costa Rica, der Contra das Land zur Verfügung zu stellen genauso einbegriffen wie die vermuteten kubanischen Waffenlieferungen an die salvadorianische Guerilla. Dieser „Zehnpunkteplan“ wurde bereits am 15. Februar unter ausdrücklicher Ausladung des nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega von den mittelamerikanischen Staatsoberhäuptern in San Jose diskutiert. Aber schon dort hatten sich Salvadors Präsident Duarte und das honduranische Staatsoberhaupt Azcona zurückhaltend gegenüber den Forderungen nach Feuereinstellung und des Verzichts auf ausländische Militärhilfe gezeigt. Nicaragua zur Diskussion bereit Nicaragua signalisiert Bereitschaft, den Arias–Plan ohne Vorbedingungen zu diskutieren. Ursprünglich waren die Sandinisten über das Vorgehen Costa Ricas, aber auch über den Duktus des Dokuments empört. Ausdrücklich werden darin nur Honduras, Gua temala, Costa Rica und El Salvador als „demokratisch“ bezeichnet und die Guerilla in El Salvador und Guatemala aber auch Kuba als „fanatisch“ tituliert, während die Contra jedoch nicht erwähnt wird. Die Durchführung einer Amnestie und die Wiederherstellung aller politischen Freiheiten nach Herstellung eines Waffenstillstandes können die Sandinisten nicht schrecken. Zu oft schon hatten sie dies von sich aus angekündigt. Der sandinistische Vize–Präsident Sergio Ramirez äußerte nur den Wunsch, man möge die Contadora–Staaten zu den Verhandlungen einladen. Bereits vorher hatte der immer wieder bekundete Wille Nicaraguas, die Contadora– Akte zu unterzeichnen und die ständigen Angebote an die Vereinigten Staaten bilaterale Gespräche zu führen, die USA in moralische Schwierigkeiten gebracht. Gerechnet hatte die US–Regierung mit einer ablehnenden Haltung Nicaraguas, die sie öffentlich dann als die Kriegslüsternheit eines totalitären Staates hätten brandmarken können. Unter den gegebenen Bedingungen scheint sich die US–Regierung nicht für eine Umsetzung des Arias–Plans oder eine friedliche Lösung in Mittelamerika zu interessieren. Die Demokratische Partei dagegen bezieht sich positiv auf den Plan. Die von Präsident Reagan lauthals angekündigte Finanzierung der Contra auch für das nächste Haushaltsjahr, ohne jedwede taktische Rücksichten auf seinen politischen Freund Arias, spricht für sich. Nun besteht für Arias die Gefahr, daß auf dem Außenministertreffen in Esquipulas in Guatemala am 25. Juni ausgerechnet Nicaragua das einzige Land sein könnte, das bereit ist, dem costaricanischen Vorschlag zuzustimmen. Eine Unterstützung von Europa würde da schon sehr helfen.