Nur ein Spatz auf dem Dach

■ Die Einheitliche Europäische Akte ist bereits Ausdruck des kleinsten gemeinsamen Nenners

„Keiner von uns ist mit dem Erreichten zufrieden. Doch ist uns der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach.“ Mit diesen Worten kommentierte der Vize–Präsident des Europäischen Parlamentes, der CDU–Abgeordnete Siegbert Alber, die Substanz der vielzitierten „Einheitlichen Europäischen Akte“, als diese in feierlichem Rahmen am 17. Februar 1986 in Luxemburg zur Unterzeichnung durch die Mitgliedsstaaten der EG aufgelegt wurde. Tatsächlich hatten die beiden Gipfeltreffen der EG–Regierungschefs im Juni 1985 in Mailand und im Dezember des gleichen Jahres in Luxemburg, ein recht mageres Papierchen zuwege gebracht. Die proklamierte Reform der römischen EWG–Verträge, ein Bündel verschiedener Abkommen, die zusammen die Rechtsgrundlage der EG bilden, war einmal mehr in der Konsensmühle der Zehner–(mittlerweile Zwölfer–)Combo zerrieben worden. Wie immer standen jene Länder, die rasche Schritte der EG hin zum Fernziel der politischen Union fordern, wie etwa die Benelux–Länder, jenen Regierungen gegenüber, denen der Status quo nicht selten schon zu weit geht, etwa derjenigen Griechenlands oder Dänemarks. Die Grundfrage bei dem ganzen Europa–Zirkus ist jeweils: wie der Europäischen Einigung einen Meter näher kommen, ohne einen Millimeter nationale Souveränität aufgeben. Unter Druck gesetzt hatten die EG– Regierungen sich selbst mit dem kühnen Ansinnen, bis 1992 den grenzenlosen Binnenmarkt für Menschen, Waren und Dienstleistungen zu realisieren, ein Projekt, das wesentlich vom französischen Kommissions–Präsidenten Jacques Delors forciert wird. Der ehemalige Pariser Wirtschaftsminister träumt von quasi–amerikanischen Großraumverhältnissen auf dem alten Kontinent, um auf dem enger werdenden Weltmarkt den USA und Japan trotzen zu können. Dafür hatte sich das Instrumentarium der 30 Jahre alten EWG–Verträge als zu schwerfällig erwiesen. Die „Einheitliche Akte“ wird dem nicht gerecht. Premierministerin Thatcher damals über das Ergebnis des zähen Ringens: Das bißchen Veränderung wäre auch ohne die „Einheitliche Akte“ problemlos machbar gewesen. th. scheuer