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„Es gibt nichts zu feiern“

■ Göttinger Universität sagt Jubiläumsfeiern ab / „Sicherheitsgründe“ / Großdemonstration findet trotzdem statt / AStA will nicht mit Albrecht sprechen

Von R. Paul und J. Voges

Göttingen/Hannover (taz) - Die Göttinger Studenten, die gegen die Sparmaßnahmen der Landesregierung streiken, haben sich mit ihrer Losung „Es gibt nichts zu feiern“ durchgesetzt. Am Montag sagte die Uni der Stadt die für heute geplanten Festveranstaltungen zu ihrem 250jährigen Bestehen ab. Dies gab Uni–Präsident Kamp am Montag im Rahmen eines Vortrages über „Glanz und Elend einer Universität“ bekannt. Nachdem die niedersächsische Landesregierung ihre Teilnahme bereits Ende letzter Woche abgesagt hatte, sind nun auch der Festakt und die akademischen Ehrungen für Bundespräsident von Weizäcker und zahllose andere Prominenten gestrichen worden. Kamp gab „Sicherheitsgründe“ für die Entscheidung der Hochschul–Verantwortlichen an. Damit ist offenbar die Furcht vor Blockadeaktionen und möglichen Polizeieinsätzen im Rahmen der heute nachmittag stattfindenden Großdemonstration in Göttingen gemeint. Sie sei, so hatten Politiker und Wissenschaftler in den letzten Tagen häufig geäußert, „kein würdiger Rahmen für das Jubiläum“. Damit hat Ministerpräsident Ernst Albrecht durch seinen finanziellen Kahlschlag an den Hochschulen auch Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker um die Würde eines Ehrendoktors der Uni Göttingen gebracht. Dem Bundespräsidenten sollte im Rahmen des Jubiläms ein Ehrendoktor der Theologie verliehen werden. Das Bundespräsidialamt teilte gestern mit, von Weizsäcker bedauere, nicht nach Göttingen kommen zu können. Fortsetzung auf Seite 2 Ob auch die geplanten Behinderungen ausfallen oder durch andere Aktionen ersetzt werden, wollte der Zentrale Streikrat am Montag abend diskutieren. In jedem Fall findet in geplanter Form die Demonstration statt. Der Göttinger Streikrat erwartet für die Protestdemonstration gegen die Kürzungen der Landesregierung über 30.000 Studenten. Zu dieser bisher größten Studentendemonstration in Göttingen fahren vier Sonderzüge an. Zu dem Gespräch, das Mini sterpräsident Albrecht dem Göttinger AStA am Freitag angeboten hatte, wird es morgen nicht kommen. Der AStA hatte die Einladung zu einer Zusammenkunft in einem Institut der Uni, die erst gestern in Göttingen eingegangen war, sofort an den Streikrat weitergereicht. Der Streikrat hatte daraufhin Albrecht aufgefordert, statt in kleinem Kreis doch vor der Uni– Vollversammlung über die Kürzungen zu diskutieren. „Entweder Sie erklären die Rücknahme der Sparbeschlüsse“, so teilte der Streikrat dem Ministerpräsidenten mit, „oder sie haben in Göttingen nichts zu suchen.“ Vor einer Vollversammlung mochte Albrecht allerdings nicht auftreten. Eine solche Diskussion, so teilte die Staatskanzlei gestern in Hannover mit, sei nicht im Sinne des Ministerpräsidenten.

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