UdSSR besteht auf Abzug der Pershing 1a

■ Mittelstreckenvereinbarung ohne Pershing 1a wäre nach sowjetischer Auffassung ohne Substanz / Andernfalls könne die UdSSR der DDR und CSSR auch ein paar Raketen überlassen / USA legen Vertragsentwurf in Genf vor / Keine NATO–Reaktion auf sowjetische Vorwürfe

Berlin (taz) - Als schwerwiegenstes Hindernis auf dem Weg zu einem Abrüstungsabkommen im Bereich der landgestützten Mittelstreckenraketen in Europa haben hochrangige sowjetische Sprecher das Beharren der USA auf die Ausklammerung der Pershing– 1a–Raketen bezeichnet. Der Sprecher des sowjetischen Außenministeriums, Gerrasimow, erklärte, ein Abkommen, welches die Pershing 1a nicht berücksichtige, sei „ohne jede Substanz“ und nicht akzeptabel. Zur Erläuterung dieser Position drehte Gerassimow den Spieß um und fragte, was die NATO wohl sage würde, wenn die Sowjetunion SS 12– und SS 23–Raketen an die DDR und CSSR verkaufe, die Sprengköpfe selbst unter Verschluß halte und dann ebenfalls diese Raketen als Drittstaatensysteme ausgeben würde. Man wolle mit dieser Möglichkeit nicht konkret drohen. Das Beispiel zeige jedoch, daß von einer wirklichen Abrüstung nicht viel übrig bleiben würde, wenn die USA und die BRD mit derartigen Tricks zu arbeiten versuchten. Der Leiter der sowjetischen Abrüstungsabteilung, Karpow, hatte die westliche Diskussion um die Pershing 1a bereits im letzten Spiegel als paradox bezeichnet. Entweder halte sich die BRD an den von ihr unterschriebenen Atomwaffensperrvertrag - dann könne sie nicht über die Spreng köpfe für die Pershing 1a verfügen, und es gäbe keinen Grund, diese US–Atomsprengköpfe nicht in die Verhandlungen einzubeziehen. Weigere sich die USA, über diese zu verhandeln, weil es sich um eine Waffe Dritter handele, sei die BRD Atommacht und hätte den Sperrvertrag gebrochen. Eine öffentliche Entgegnung der USA oder der NATO zu dieser sowjetischen Position steht bislang noch aus. Auch in dem am Dienstag in Genf vorgelegten präzisierten Vertragsentwurf der USA tauchen die 72 Pershing 1a nicht auf. Statt dessen schlägt Reagan die Beseitigung aller Mittelstreckenraketen der Reichweite 500 bis 1.000 Kilometer vor. Da mit beziehen die USA auch die 40 Raketen im asiatischen Teil der Sowjetunion mit ein, die angeblich Japan oder China bedrohen könnten. Weitere Hindernisse zu einem Vertragsabschluß sind aus sowjetischer Sicht der bislang vorgelegte amerikanische Zeitplan, nachdem in den ersten zweieinhalb bis drei Jahren nur die Sowjetunion Raketen abbauen müßte. Außerdem beunruhige in Moskau nach wie vor die Aussicht, daß die USA die 100 Raketen längerer Reichweite, die jede Seite behalten solle, in Alaska und damit in Reichweite der Sowjetunion stationieren wolle. JG