Verfolgte in Chile „völlig schutzlos“

■ Juristenkommission berichtet / Auch Saarland will 14 Chilenen aufnehmen / Streit zwischen FDP und CSU angeheizt

Berlin/Bonn (dpa/taz) - „Politisch Verfolgte sind in Chile völlig schutzlos.“ Zu dieser Feststellung gelangte jetzt eine Internationale Juristenkommission nach ihrer Rückkehr aus Chile. Die Kommission, die unter der Leitung des Präsidenten der katholischen Laienorganisation „Justitia et Pax“ das Land bereiste, sprach mit Rechtsanwälten, Angehörigen der politischen Gefangenen, Vertretern der Kirche und auch mit Behördenvertretern. Sie beklagte insbesondere Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen und Folter. Die Menschenrechtslage werde zusätzlich dadurch belastet, daß fast alle wichtigeren Bereiche der Rechtsprechung in Chile auf Militärgerichte übertragen worden seien. 90 Prozent aller Verfahren vor Militärgerichten seien gegen Zivilisten gerichtet. Eine Kontrolle durch die zivilen Gerichte finde nicht statt. Bei den Militärgerichten lägen Untersuchung, Anklage und Urteil in einer Hand. Gestern hat sich auch das Saarland bereiterklärt, 14 zum Tode verurteilte Chilenen aufzunehmen. Hamburgs Bürgermeister Dohnanyi hat jetzt in einem Brief an Bundesinnenminister Zimmermann „mit aller Dringlichkeit gebeten, seinen Widerstand gegen die Aufnahme der Chilenen aufzugeben“. Bayerns Staatsminister (CSU) kritisierte gestern massiv den Koalitionspartner FDP: Es sei „unerträglich, daß die FDP Zimmermann bei seinem Bemühen um die innere Sicherheit in den Rücken fällt“.Der innenpolitische Sprecher der FDP, Hirsch, gab Contra: „Wenn chilenische Gerichte selbst nach teilweise sieben Jahren Untersuchungshaft und bei wahrscheinlicher Anwendung der Folter bisher nicht zur rechtswirksamen Verurteilung wegen krimineller Straftaten gekommen sind, kann und darf in der Bundesrepublik entgegen der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung niemand diese Menschen schneller verurteilen als die chilenischen Gerichte.“ -time–