„Wasserpfennig“ als Öko–Köder

■ Landwirte, die weniger Dünger einsetzen, werden künftig in Baden–Württemberg belohnt / Die Wasser–Verbraucher müssen bezahlen / Gesetz am Mittwoch im Stuttgarter Landtag verabschiedet

Von Andreas Wertz

Berlin (taz) - Als erstes Bundesland will Baden–Württemberg mit Beginn nächsten Jahres von den Verbrauchern einen „Wasserpfennig“ eintreiben. Die Abgabe soll dem Schutz des Grundwassers vor überhöhten Nitrateinträgen dienen und in erster Linie an Bauern weiterfließen, die dafür in Wasserschutzgebieten weniger düngen müssen. Obwohl der „Wasserpfennig“ heftig umstritten ist, wurde er am Mittwoch abend vom Stuttgarter Landtag mit den Stimmen der CDU–Mehrheitsfraktion als Gesetz verab schiedet. SPD, Grüne und FDP stimmten dagegen. Während Landwirtschaftsminister Gerhard Weiser, der als Erfinder des „Wasserpfennigs“ gelten kann, von einem „europaweit einmaligen Umweltschutzgesetz“ sprach, lehnte die Landtagsopposition die Abgabe ab, weil sie das Verursacherprinzip pervertiere. Schließlich bezahle man auch nicht den Autofahrer, damit er vor einer roten Ampel hält, hieß es schon vor über einem Jahr, als der Gesetzentwurf erstmals präsentiert wurde. Grüne und Umweltschutzgruppen befürchten, daß das, was den Bauern zugestanden wird, in Zukunft auch jeder andere Gewässerverschmutzer beanspruchen möchte. Zudem könne, so der grüne Abgeordnete Kuhn, der „Wasserpfennig“ gar nicht halten, was er verspreche: Weil die Düngungsbeschränkungen nur im engen Wasserschutzgebiet gelten sollen, sei auf allen anderen Flächen weiterhin ein überhöhter Nitrat–Eintrag ins Grundwasser möglich. Auch dieses Wasser aber fließt oft den Trinkwasserbrunnen in den Schutzgebieten zu. Starke Skepsis gegenüber dem „Wasserpfennig“ auch bei der Wasserwirtschaft: Dort will man für eine offizielle Stellungnahme erst die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz abwarten, in denen genau festgelegt wird, welche Wasserverbraucher wieviel bezahlen müssen und welche Bauern wieviel bekommen können. Die Gesetzesverordnung wird den Landtag erst nach der Sommerpause Mitte August beschäftigen. Doch bereits jetzt befürchten manche Wasserexperten, daß es dem Bauernverband durch „unerträgliche Einflußnahme“ gelungen sein könnte, die Verordnung so zu verwässern, daß sie für den Grundwasserschutz nichts mehr wert sei.