Genmanipulation im Erbsenfeld

■ Erstmals genetisch manipulierte Bakterien in der Bundesrepublik freigesetzt / Gesetzlichen Regelungen zuvorgekommen / Risiken nicht abschätzbar / Grüne: Experiment stoppen /SPD: Provokation

Von Friedrich Landenberger

Berlin (taz) - Unbemerkt von der Öffentlichkeit setzte der Bayreuther Genetik–Professor Walter Klingmüller im Mai diesen Jahres erstmals in der Bundesrepublik gentechnisch manipulierte Organismen in die freie Natur aus. Der geheimgehaltene Tatort: Ein Erbsenfeld.Welche Risiken damit verbunden sind, ist den Wissenschaftlern bisher nicht bekannt. Sicher ist nur: Zurückholen kann man die Kunst–Organismen nicht mehr. Während die Weltpremiere einer solchen Freisetzung vor einigen Wochen auf einem kalifornischen Erdbeerfeld im chemischen Schutzanzug und vor surrenden Kameras durchgeführt worden war, setzten die Forscher in Deutschland auf Diskretion. Immerhin sind derartige Experimente nach den Sicherheitsbe stimmungen der Bundesregierung bisher nicht zulässig. Mit einem definitorischen Trick umgingen die Wissenschaftler und ihre Kontrolleure in der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit dieses Hindernis. Im Gegensatz zu den Erfindern der künstlichen Bakterie erklärten sie die Manipulation kurzerhand zu einem „völlig natürlichen Vorgang“. Nach einem Bericht des „Gen–ethischen Informationsdienstes“ schlug der grüne Europarlamentarier Härlin in Straßburg Alarm: Die Experimente, die im Rahmen eines EG–Projektes über Risiko–Abschätzung auch im britischen Rothamsted und im französischen Dijon durchgeführt werden, müßten gestoppt werden. Auch der Vorsitzende der Enquete–Kommission des Bundestages über Chancen und Gefahren der Gentechnik, Katenhusen (SPD), spricht von einer Provokation. Mit den Stimmen aller Parteien forderte die Kommission im Januar ein Moratorium für derartige Freisetzungs–Experimente und eine verbindliche gesetzliche Regelung. Die Wissenschaftler dagegen drängt es offensichtlich bereits nach weiteren Versuchen. Klingmüller, der neben der britischen Import–Bakterie demnächst auch einen selbstmanipulierten Organismus freisetzen möchte, befand gegenüber dem Spiegel das Experiment „mit den den Antibiotika–resistenten Rhizobien“ sei „doch fast schon langweilig“. Bericht Seite 5