Sozialmieten sollen kräftig steigen

■ Mieterhöhungen für ca. 4 Millionen Sozialwohnungen ab Januar 1988 geplant / Durchschnittliche Steigerung von 45 Pfennig je Quadratmeter und Monat / Deutscher Mieterbund (DMB) fordert „begleitende Maßnahmen“

Von Benedict M.Mülder

Berlin (taz) - Der Gesamtverband Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen und die Haus– und Grundeigentümer wollen aus rund 4 Millionen Sozialwohnungen spätestens im nächsten Jahr mehr Geld, im Durchschnitt 45 Pfennig pro Quadratmeter und Monat, herausholen. Nach einem beim Bundesbauministerium vorliegenden Forderungskatalog, der mit Rücksicht auf bevorstehende Landtagswahlen nicht vorzeitig an die große Glocke gehängt werden soll, strebt der Gesamtverband insbesonders Erhöhungen der Verwaltungskostenpauschale um 110 DM je Wohnung jährlich an. Das ergibt eine Erhöhung des Quadratmeterpreises von 15 Pfennig monatlich. Kräftiger zulangen will man bei der Instandhaltungspauschale, die seit 1984 nicht mehr erhöht wurde. Nach diesen Vorstellungen hätten Mieter, die in Wohnungen, die bis 1952 errichtet wurden rund 33 Pfennig je Quadratmeter und Monat mehr zu bezahlen, 37 Pfennig sollen es bei Wohnungen aus den Jahren 1953 bis 1969 sein. Wer in einer in den siebziger Jahren errichteten Wohnzelle lebt, hat Glück, sein Mietpreis stiege um 17 Pfennig und lediglich acht Pfennig mehr hätte diejenigen zu berappen, deren Wohnung seit 1980 gebaut wurde. Die Verbände machen geltend, daß sich durch die bisher unzureichenden Pauschalsätze sich bei den Wohnungsunternehmen Defizite in Milliardenhöhe aufgehäuft hätten. Seit 1978 summierten sich die Fehlbeträge bei Instandhaltung auf 2,4 Milliarden und die der Verwaltungskosten auf knapp 6 Milliarden. Das Bundesbauministerium, das entsprechende Pläne gestern bestätigte, wies daraufhin, daß das Volumen der Erhöhungen noch offen sei. Man hoffe, unter den Berechnungen der Wohnungsverbände bleiben zu können. Die Verordnung ist von einem Votum des Bundesrates abhängig, der erstmals Ende September wieder zusammentritt. Deswegen wollte sich das Ministerium auch nicht auf einen Termin, an der eine entsprechende Verordnung in Kraft treten soll, festlegen lassen. Das könne der 1.Januar sein, aber auch jeder andere, hieß es. Während das dem saarländische Umweltminister Leinen unterstehende Bauressort auf Anfrage betonte, man werde sich für die sozialen Belange der Mieter einsetzen, wird in Bonn mit der Zustimmung der SPD–regierten Länder gerechnet. Der Deutsche Mieterbund, der einer Erhöhung der Pauschalsätze nicht prinzipiell ablehnend gegenübersteht - er verwies auf steigende Personalkosten, auf immer notwendiger werdende Instandhaltungsmaßnahmen (“Betonschäden“) - forderte allerdings „begleitende Maßnahmen“. Bei sozialschwachen Mietern müsse nachsubventioniert werden, auch an eine Erhöhung des Wohngeldes sei zu denken. Darüber hinaus müsse die Instandhaltungspauschale verzinslich festgelegt und zweckgebunden werden, weil die Ausgaben sonst nicht überprüfbar seien, meinte der Mieterbund. Ein Sprecher kritisierte allerdings, daß zwar sämtliche Bundesländer versuchten, die Sozialmieten zu drücken, aber gleichzeitig Erhöhungen betrieben würden.