Unterwegs nach Moskau

■ Am Sonntag abend tagte im Berliner Congress–Centrum die Studentenvereinigung CARP der Mun–Sekte / Das Büro von Diepgen ließ viel Erfolg wünschen

Berlin (taz) - Ein Sommer–Gespenst geht um in Berlin: CARP, die Studentenvereinigung zur Erforschung von Prinzipien des Sektenführers und Rüstungs–Multis San Myung Mun. Unter den „Fanfarenklängen“ eines biederen Bläserquintetts, dem Schutz erheblicher Polizeikräfte und „Faschisten Raus!“ - Sprechchören einer von der AL organisierten Gegendemonstration eröffnete diese geistige Vorhut der Mun–Sekte am Sonntag ihren „Vierten Weltkongreß“ im Berliner Kongreß–Bunker ICC. Daß in diesem landeseigenen Skandal– und Prestigeobjekt Berliner Hightec–, Puff– und Kongreßflairs der Sekte ein Saal vermietet worden war, gehörte zu den vielen Haupt– und Staatspossen bei der Vorbereitung dieses Kongresses, an der sich seit einigen Wochen vom Berliner Senat über die Landeskirchen bis zum autonomen Plenum der Stadt nahezu alle ehrbaren Institutionen beteiligt hatten. „Kein Fußbreit den Faschisten“ war die außerparlamentarische Losung „Keine öffentlichen Räume für Rechtsradikale“ lautete die Formel eines Allparteienbeschlusses des Abgeordnetenhauses. Eine von der verschreckten ICC–Betreibergesellschaft AMK (Aufsichtsratsvorsitzender: Innensenator Kewenig) halbherzig betriebene nachträgliche Kündigung des Mietvertrages konnte von dem ehemaligen SPD–Innensenator Büsch vor Gericht zu Fall gebracht werden, „im Interesse der Versammlungsfreiheit aller Minderheiten in dieser Stadt“, wie er betonte. Man bedaure, daß Diepgen urlaubsbedingt kein Grußwort sprechen könne und wünsche dem Kongreß viel Erfolg, schrieb dagegen das Büro des Regierenden Bürgermeisters. Und Innensenator Kewenig nutzte eine harmlose Demonstration gegen die CARP zum großangelegten Entmummungsmanöver: 140 zum autonomen Block Erklärte wurden von einer knüppelnden, tretenden, Haare ziehenden und anderweitig drangsalierenden Übermacht jugendlicher Polizist/Innen eingekesselt und in ein Polizeigefängnis abtransportiert - zur Ahndung einer unterstellten Ordnungswidrigkeit. So erschienen die 300 Gegendemonstranten am vergangenen Sonntag in „bürgerlicher Vermummung“ aus Sonnenbrillen und Schminke zur Demonstration. In dem gespenstisch menschenleeren ICC, das nur nach fünffacher Sicherheitskontrolle erreichbar war, versammelten sich schließlich knapp 600 Studenten meist älteren Semesters, von denen etwa 400 aus Japan und Korea, ganze 30 aus Deutschland stammten. Neben den bereits erwähnten Fanfarenklängen wurden ihnen Gebete, in denen der Herr um Hilfe im Kampf gegen die „moralische Herausforderung des Kommunismus“ angefleht wurde, geboten und Ansprachen verschiedener CARP–Führer, die sich vor allen Dingen um die „Verfolgung“ ihrer Vereinigungskirche durch „pastorale Hexenjäger“, Kommunisten und „gewisse Medienkreise“ drehten. Während der Deutsche Vorsitzende zur Untermalung der Verfassungsmäßigkeit seiner Mun– Jünger Passagen aus dem Grundgesetz bemühte, sprach der aus Korea importierte Europa–Chef des kombinierten Glaubens– und Rüstungsunternehmens in schlechtem Englisch etwas deutlicher: Der Kongreß habe stattfinden müssen, „und koste es unser Leben“. Der „Kampf um Berlin“ sei ein erfolgreicher Schritt auf dem Weg nach Moskau. „Dies wird die letzte Rally sein. In anderen Worten „Reverend Muns abschließendes Ziel ist die Rally in Moskau.“ Der Reverend, der in der Bundesrepublik seit 1983 Einreiseverbot hat, bekam denn auch den enthusiastischsten Beifall, als sein etwas feistes Gesicht im überlebensgroßen Farbdia auf die Versammelten niederlächelte. Er verordnete den jährlichen CARP–Kongreß als internationalen Kampftag übrigens anläßlich seines Strafantritts wegen Steuerhinterziehung in den USA. Benny Härlin