piwik no script img

Rekordbußgelder in Heidelberg

■ Stadtverwaltung verlangt von 14 GAL– und Grünenfunktionären insgesamt 83.000 Mark wegen einer Anzeigenserie und Aufrufen gegen Volkszählung / Dem Rechtsamt mißfiel auch Hinweis auf legale Mittel

Aus Heidelberg Max Holz

Die Heidelberger Stadtverwaltung hat wegen angeblichen Aufrufen zum Volkszählungsboykott gegen 14 Personen Bußgelder von insgesamt 83.000 Mark verhängt. Hinzu kommen für jeden noch einmal über 300 Mark an Verwaltungsgebühren. Bei den Betroffenen handelt es sich um die acht Stadträte der GAL–Fraktion im Heidelberger Gemeinderat, die pro Kopf 6.000 Mark berappen sollen, um den fünfköpfigen Kreisvorstand der Grünen und um zwei weitere Personen, die mit 5.000 Mark dabei sind. Da der zur Zeit erwerbslose GAL–Gemeinderat Reinhard Bü tikofer auch dem Grünen Kreisvorstand angehörte, soll er allein über 11.600 Mark an die Stadt bezahlen. Die Höhe der verhängten Bußgelder sei „bundesweit Spitze“, erklärte dazu das „Heidelberger Forum gegen die Volkszählung“ und kündigte ein Verfahren wegen Rechtsbeugung gegen den Leiter des Heidelberger Rechtsamtes an, wenn die „völlig unverhältnismäßigen Bescheide“ nicht zurückgenommen würden. Im einzelnen wirft die Stadt Heidelberg den GAL–Mitgliedern vor, sie hätten in einer Kleinanzeigenserie der Heidelberger Wochenzeitung Communale zum Boykott der Volkszählung aufgerufen. Vor allem stieß sich das Rechtsamt an Formulierungen wie „wir raten zum zivilen Ungehorsam“ und an einem Hinweis der GALier, daß man gegen die Volkszählung auch „völlig legal“ Rechtsmittel einlegen könne. Die Anzeigen, so das Rechtsamt in den Bußgeldbescheiden, „zielen eindeutig darauf, den Leser zum aktiven Widerstand gegen die Volkszählung auch mit rechtswidrigen Mitteln zu bewegen“. Den Grünen Kreisvorständen kreidete man dagegen an, sie hätten es „zugelassen, daß im Namen der Grünen im Rhein–Neckar– Kreis zum Boykott aufgerufen worden“ sei. GAL–Stadtrat Manfred Metzner meinte zu den Bußgeldern: „Die wollen mit uns abrechnen.“ Die Vorwürfe seien „an den Haaren herbeigezogen“. Sein Kollege Reinhard Bütikofer rechtfertigte die Anzeigenserie, die sich vorwiegend mit Pannen bei der Stadtverwaltung während der Volkszählung beschäftigte, damit, daß man nur gegen die „Rechtsbrüche der Verwaltung aufgerufen“ habe. Der Sprecher der Stadt Heidelberg, Jürgen Brose, meinte gegenüber der taz, „an und für sich“ seien die Bußgelder „moderat“. Man hätte auch bis zu 10.000 DM verhängen können, sagte Brose. Gegen die Bußgelder haben die Betroffenen inzwischen Rechtsmittel eingelegt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen