Weltmacht–Harmonie im All

■ Die USA und die UdSSR starten eine neue Phase gemeinsamer Weltraumforschung / Schwerpunkt ist die medizinisch–biologische Forschung / Weitere Projekte schon vereinbart

Berlin (taz) - Im kommenden Monat soll eine neue Phase US– amerikanisch–sowjetischer Zusammenarbeit in der Weltraumforschung beginnen. An Bord eines sowjetischen Kosmos–Satelliten werden zwei Rhesus–Affen, zehn Ratten, diverse Amphibien und Fische 14 Tage lang die Erde umrunden und als Versuchsobjekte für medizinisch–biologische Experimente dienen, die für die USA und die UdSSR gleicherma ßen interessant sind. Dieses und weitere, für die Jahre 1989 und 1991 geplante Unternehmen wurde am Montag nach einem mehrtägigen Treffen von Raumwissenschaftlern beider Staaten in Moskau bekanntgegeben. Das Expertengespräch stand im Zusammenhang mit dem im April von US–Außenminister Shultz und seinem sowjetischen Kollegen Schewardnadse unterzeichneten Rahmenabkommen für eine gemeinsame Weltraumforschung. Danach sollen in den kommenden Jahren nicht nur gemeinsame Missionen durchgeführt, sondern auch Forschungsergebnisse aus der Grundlagenforschung zu den Themen Venus– Oberfläche, kosmischer Staub, Meteoriten und physiologische Auswirkungen der Schwerelosigkeit ausgetauscht werden. Die für den September geplante Tierexpedition dient allem Anschein nach vor allem der Erforschung dieses letzten Punktes. Die Belastungen des menschlichen Körpers durch die Schwerelosigkeit, allgemein als „Raumkrankheit“ bezeichnet, gelten als hemmender Faktor für großangelegte Programme in der bemannten (befrauten) Raumfahrt. Beide Raumfahrtnationen haben dazu ihre eigenen Erfahrungen: sowjetische Kosmonauten haben Erfahrungen mit Langzeitaufenthalten an Bord der sowjetischen Raumstation. Gegenwärtig liegt der Rekord bei 237 Tagen ununterbrochenem Aufenthalt in der Schwerelosigkeit. Die US–Astronauten und ihre westeuropäischen Partner können auf umfangreiche Forschungsarbeiten zu dem Phänomen zurückgreifen. Ein vergleichbarer Kooperationsvertrag zwischen 1972 und 1982 bildete den Rahmen für die Apollo–Sojus–Mission im Jahr 1975. Während im Bereich der Grundlagenforschung eine größtmögliche gemeinsame Nutzung der Erkenntnisse angestrebt wird, ist zumindest die US–Seite weniger großzügig, was die ost–westliche kommerzielle Anwendung betrifft. Im letzten Monat hat das US–Außenministerium die Nutzung sowjetischer Trägerraketen, um damit Satelliten mit US–Technologie ins All zu befördern, kurzerhand für illegal erklärt. Imma Harms