Geld, Ganoven und Geständnisse

■ Früherer Antes–Mitangeklagter wird wegen Anstiftung zum Mord international gesucht /Belastendes Geständnis dank sechsstelliger Geldsummen / Nachwehen des Berliner Korruptionssumpfes

Von Benedict M. Mülder

Berlin (taz) - Es gab Zeiten, da waren der Makler Günther Schmidt (42) und Rechtsanwalt Christoph Schmidt–Salzmann (40) nicht nur geschäftlich, sondern auch freundschaftlich einander verbunden. Ihr besonderes Interesse galt den Millionengeschäften im Berliner Baugeschehen und brachte ihnen seinerzeit wegen rüder Entmietungs– und Abrißpraktiken vor allem in Kreuzberg und Wedding den zweifelhaften Ruf einer Absa(h)nierungs–Mafia ein. Das liegt nun beinahe zehn Jahre zurück. Den Ruf der Branche hat aber spätestens der Antes–Skandal so ruiniert, daß die Geschäfte seitdem nicht mehr wie geschmiert laufen. Schmidt und Kompagnon Schmidt–Salzmann sind darüber zu erbitterten Feinden geworden, ihre Geschichte ist eine Geschichte des Niedergangs und wird gegenwärtig vor einem Berliner Gericht wieder aufgerollt. „Betr.: Mordanschlag auf G. Schmidt am 22.10.1985, Tiefgarage Berlin 33, Salzbrunnerstr.5“, ist ein handschriftliches Papier überschrieben, das das Ende der Beziehung drastisch markiert. „Meine freiwillige Zeugenaussage vor der Staatsanwaltschaft“, heißt es weiter, „hat zum Inhalt, daß der Auftraggeber für den Mordanschlag Rechtsanwalt Dr. Schmidt–Salzmann war“. Mit diesem Papier, das der Staatsanwalt wie auch dieser Zeitung vorliegt, glauben die Ermittler endlich jenen Mann der Anstiftung zum Mord überführen zu können, dessen merkwürdiges Gebaren sie einst schon auf die Spuren der Antes–Affäre lockte. „CSS“, wie der Mann mit dem falschen „ägyptischen Doktor“ in der Halbwelt genannt wird, hat eine 18monatige Bewährungsstrafe deshalb im April flugs genutzt, um unterzutauchen. Interpol sucht ihn nun, mal in Boston, dann in Uruguay. Unterzeichnet ist das handgeschriebene Papier, das „CSS“ schwer belastet, von einem gewissen Harald Langpap. So ganz freiwillig, wie der gelernte Fleischer es aber zum Ausdruck bringt, kann die „Zeugenaussage“ nicht gewesen sein. Zuvor waren nämlich „für Hinweise, die zur Ermittlung und rechtskräftigen Verurteilung der oder des Auftraggeber(s) sowie des Mittäters führen“, per Zeitungsannonce „privat DM 50.000,– Belohnung“ ausgesetzt worden von G. Schmidt, Opfer des Anschlags in der Tiefgarage, bei dem ein Projektil sein Ziel verfehlte und eines seinen Oberarm durchschlug. „Wenn jemand Geld ausgeben kann, um Leute umzubringen, kann ich auch Geld ausgeben, um den Auftraggeber herauszubekommen“, verteidigte Immobilienmakler Schmidt am ersten Prozeßtag vergangene Woche seine Belohnungsaktion. Merkwürdig nur, daß Langpap inzwischen mindestens vier Geständnisversionen vorgelegt haben soll, und nur sein Anwalt weiß, welche er am heutigen Montag dem Gericht als Zeuge präsentieren wird. Langpap nämlich stand vor über einem Jahr selbst wegen Mordversuchs an Schmidt vor Gericht, wurde aber mangels Beweisen nur zu einer Geldstrafe wegen unerlaubten Waffenbesitzes verurteilt. Seinen Kumpel Stefan Masterlertz hingegen traf es härter. Er bekam wegen Mordversuchs in der Tiefgarage acht Jahre aufgebrummt. Damals wie heute leugnet er eine Tatbeteiligung und weiß folglich auch keine Einzelheiten. Die Ermittler führen die Erinnerungslücke auf ein „Schweigegeld“ von insgesamt 400.000 DM zurück, die der einer reichen süddeutschen Textilindustriellenfamilie entstammende „CSS“ ihm inzwischen gezahlt haben soll. System haben sie in die Rivalität der beiden Makler bisher nicht bekommen. Zivilstreitigkeiten um Millionen werden als Ursache für den tiefen Interessenkonflikt angesehen. Eine vermeintliche „Quelle“, die Schmidt–Salzmann ebenfalls als Auftraggber des Mordanschlags identifiziert, blieb bisher ominös, weil der Staatsanwalt nicht aufdecken will, daß es sich dabei um einen V– Mann oder ein abgehörtes Telefongespräch handeln könnte. Daß schließlich ein weiterer Anschlagsversuch auf einen anderen Geschäftsfreund aus alten Tagen, Wilhelm Mewes, in der Schweiz ruchbar wurde, führte die Ermittler auch nicht weiter. „Das ist doch eine Dole“, lautet die Einschätzung eines Insiders, der Schmidt– Salzmann seit Anfang der siebziger Jahre kennt. „Die ganze Baubranche ist doch nur sauer auf CSS, weil er die Antes–Affäre ausgelöst hat.“ Wilhelm Mewes sieht das anders. In schwierigen Situationen habe Schmidt–Salzmann immer schon gewußt, wie man eine „Quälung ansetzt“.