„Vorwärts deutsche Patrioten“

■ Die Kandidatur der rechtsextremen „Liste D“ in Bremen stand am Samstag im Mittelpunkt des Passauer Treffens der DVU / Großdeutsche Phantasien / 22 Festnahmen, nachdem Demonstranten die Zugänge zur Nibelungenhalle blockiert hatten

Aus Passau Wolfgang Gast

„Bremen soll das Fanal für den Durchbruch der Rechten in Deutschland sein“, brüllt Martin Mußgnug, Bundesvorsitzender der NPD, in den Saal und über 2.000 Deutsch–Nationale antworten mit frenetischem Beifall. Der Bremer Wahlkampf ist beherrschendes Thema beim 6. Bundestreffen der rechtsradikalen „Deutschen Volks–Union“ (DVU) in der Passauer Nibelungenhalle. Die Dreiflüssestadt Passau an der Deutsch–Österreichischen Grenze ist zum wiederholten Mal Treffpunkt „national gesinnter Deutscher“ mit großdeutschen Ambitionen. Die erste Strophe des Deutschland–Liedes solle endlich wieder geographische Wirklichkeit werden, von der Maas bis an die Memel, vom der Etsch bis an den Belt. „Wir deutschen Patrioten stehen unabbrüchlich zur Einheit des deutschen Volkes“, deklamiert der NPD–Vorsitzende Mußgnug und peitscht seine Zuhörerschaft ein: „Vorwärts deutsche Patrioten“. Im rechten Lager ist man zusammengerückt, „wer die deutsche Einheit schaffen will, muß erst einmal die Einheit der deutschen Patrioten herstellen“. Für die Wahl zur Bremer Bürgerschaft am 13. September haben die zwei größten rechtsextremen Gruppen, die NPD und die DVU ihre ideologischen Gräben zugeschüttet und gemeinsam die „DVU - Liste D“ als Partei gegründet. Seither betreiben sie mit dem Slogan „Ich bin stolz, Deutscher zu sein“ den Wahlkampf. Die DVU, gegründet vom Herausgeber der Nationalzeitung, Gerhard Frey, und mit 12.000 Mitgliedern der größere Verband, steuert die Finanzen bei 5.000 Mitglieder, so Gerhard Frey, zähle bundesweit die „Liste D“, und nach den Aussagen eines Meinungsforschungsinstitutes prognostiziert er ihr einen Stimmenanteil von sechs Prozent. „Ein schicksalhafter Augenblick“, erklärt Frey und fordert Gesinnungstreue bei seinen DVU–Anhängern. „Halten Sie zu uns, wenn sich auch die Lügen verzehnfachen, die Hetze verhundertfacht und der Haß vertausendfacht.“ Die Hetztiraden der Vorsitzenden Frey und Mußgnug gegen die etablierten Parteien (Frey: „Kohl ist ein Antinationaler“), Sittenverfall und die Forderung nach einem geeinten Großdeutschland fallen auf fruchtbaren Boden. Minutenlang applaudieren die überwiegend älteren und bieder gekleideten geladenen Gäste, darunter ganze Abordnungen aus Öster reich und Südtirol. Das Podium ist mit dem Spruchband „Noch ist Deutschland nicht verloren“ geziert, die Nibelungenhalle mit al lerlei Parolen verhängt, darunter auch „Gegen Überfremdung, für ein deutsches Österreich“. Die Südtiroler Abgesandten werden als „prächtige deutsche Menschen aus dem herrlichen Südtirol“ empfangen. Traditionsgemäß wird auch der mit 20.000 DM dotierte „Andreas–Hofer–Preis“ für hervorragende Verdienste zur Wahrung des Deutschtums auf dem DVU– Treffen verliehen. In diesem Jahr an den Südtiroler Paul Pichler. Besonders geehrt dürfen sich die Österreichnischen Teilnehmer fühlen, die nach Frey „Bewunderung für ihre Mannhaftigkeit im Fall Waldheim“ verdient hätten. Mit den Angriffen gegen den österreichischen Präsidenten werde das ganze deutsche Volk und die Wehrmacht kriminalisiert. Solidarität sei deshalb das Gebot der Stunde, schließlich sei „die Wehrmacht die tapferste und ehrenvollste Armee, die die Weltgeschichte je gesehen hat“. Passend dazu spielt eine Trachtenkapelle einen Trauermarsch für die gefallenen deutschen Patrioten der beiden Weltkriege. Gegen das alljährliche Treffen der DVU regt sich mittlerweile breiter Protest in Passau. Weit über 1.000 Personen demonstrieren gegen das Treffen der Neofaschisten. Aufgerufen hatte ein Bündnis von Grünen, Jusos, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und mehreren Antifa–Plena. Bei der Abschlußkundgebung vor der Nibelungenhalle kommt es dann auch zu einer kurzen, aber heftigen Konfrontation zwischen DVU– Ordnern, Polizei und Teilnehmern der Demonstration. Bierbüchsen und Böller fliegen über die Absperrgitter, als die DVU– Ordner, überwiegend Skinheads mit Aufnähern der „Nationalistischen Front“ und Emblemen anderer rechtsradikaler Gruppen, das Deutschlandlied singen und „Rotfront verrecke“ skandieren. Die Polizei hat ein starkes Aufgebot zum Schutz des Nazi–Treffens aufgeboten, darunter drei Wasserwerfer, die im Hof der Nibelungenhalle abgestellt sind. Zu Rangelein kommt es, als autonome Antifaschisten die Zugänge zur Halle blockieren und den Teilnehmern den Zutritt verwehren. Mit Knüppeleinsätzen hält die Polizei den Rechtsradikalen den Zugang zur Halle frei. Die Polizei, ein Freund und Helfer.