Krisendiplomatie im Sudan dauert an

■ Regierungskoalition zerbrochen/ Ministerpräsident Sadek al–Mahdi sucht neues Bündnis / Im Süden tobt der Bürgerkrieg

Berlin (taz) - Nachdem am Wochenende die Koalition mit der „Demokratischen Einheitspartei“ (DUP) zerbrochen ist, hat sich der regierende sudanesische Ministerpräsident Sadek al–Mahdi am Montag mit Vertretern der südsudanesischen Parteien getroffen, um eine neue Koalition zu erörtern. Äußerer Anlaß für den Bruch der Koalition mit Mahdis Umma– Partei war für die DUP die Besetzung eines Postens im fünfköpfigen sudanesischen Regierungsvorsitz mit einem Parteiunabhängigen. Zuvor war der Posten von einem der ihren besetzt gewesen. Bei dem Konflikt geht es um die Bedeutung des ägyptischen Nachbarn: Während die DUP traditionell auf eine möglichst enge Beziehung mit Ägypten abzielt, will die Umma eher vielfältige Beziehungen mit allen Nachbarn aufbauen, so auch mit Libyen, dem Erzfeind Ägyptens. Die Regierungskrise fällt in eine Zeit ständig wachsender innenpolitischer Spannungen. Neben akutem Devisenmangel und einer Außenschuld von mehr als elf Billionen US–Dollar entwickelt sich der Bürgerkrieg im Süden des Landes immer mehr zur innenpolitischen Determinante. Sadek al–Mahdi, dessen Koalition nach dem Sturz des Diktators Nimeiry im Mai 1986 an die Macht kam, fand bisher keine Lösung für das Problem im Süden. Die Bevölkerung des Südsudans, die großrnteils aus Christen und Anhängern von Naturreligionen besteht, weigert sich, das im Norden geltende islamische Recht für sich anzuerkennen und fordert weitgehende kulturelle und administrative Autonomie. Sadek al–Mahdi, der befürchtet, durch Zugeständnisse an den Süden seine moslemische Klientel im Norden zu verlieren, hat sich bislang um klare Handlungsrichtlinien gedrückt. Statt dessen hat er arabische Viehzüchterstämme im Westsudan bewaffnet, die brutal gegen die im Süden lebende Bevölkerung vorgingen. Der bewaffnete Kampf zwischen der südsudanesischen Befreiungsarmee SPLA und den Stämmen drang dadurch immer mehr nach Norden vor und führte zu ständig anwachsenden Flüchtlingsströmen in die Hauptstadt Khartoum. Nachdem im März mehrere tausend Angehörige des Dinka– Stammes, aus denen die SPLA einen Großteil ihrer Kämpfer rekrutiert, massakriert worden waren, sollen Mitte August in der südsudanesischen Stadt Wau mehrere hundert Zivilpersonen von sudanesischen Soldaten umgebracht worden sein. Außerdem soll der Tageszeitung Le Monde zufolge der Sklavenhandel mit Kindern aus dem Süden eine erneute Blüte erleben. -ant