In die Offensive

■ Zu schwarz–grünen Toalitionsüberlegungen in BaWü

Der Fraktionschef der baden–württembergischen Grünen, Fritz Kuhn, ist kühn vorangeschritten. Seine Idee, der CDU im Ländle die Tolerierung anzubieten, mutet wie ein längst überfälliger Verstoß gegen die guten grünen Sitten an. Der Süden demonstriert Politikfähigkeit, wo der Norden paralysiert darniederliegt. Überfällig ist die Idee, weil viele Christdemokraten auch bei nicht geringen Teilen der grünen Basis als schwarze Buhmänner ausgedient haben (das gleiche gilt umgekehrt), und weil die Koa– oder Toalitionsfixierung auf die SPD nur Stillstand dokumentiert. Es ist schlicht diese einfache Erkenntnis, die sich durchsetzt: Die Grünen müssen mit jeder der parlamentarischen Parteien koalitionsfähig sein, um Politikfähigkeit und Gestaltungswillen zu beweisen. Darunter geht es nicht. Die Hamburger Schule bei den Grünen hat uns dies bis zum Verdruß vorgeführt. Um so erstaunter muß man sein, daß Fritz Kuhn eine gemäßigte Hamburger Linie nach Baden–Württemberg importieren will. Tolerierung ja, aber ohne „politische Knackpunkte“. Statt Späth gleich in die Koalition zu zwingen, setzt Kuhn auf ein Konzept der wechselnden Mehrheiten im Parlament. Es entspricht der auch von Christdemokraten wie Kurt Biedenkopf unterstützten These, daß die anstehende Bewältigung der ökologischen Modernisierung nur mit einem Bündnis quer zu den bisherigen politischen Lagern durchzusetzen ist. Gleichwohl kann dies keine Fall–zu–Fall–Koalition sein. Die kühne Grußadresse mag wie Liebeswerben aussehen; erstes Ziel grüner Oppositionpolitik bleibt aber, die seit 40 Jahren regierende CDU abzulösen, eine zweite Staatspartei a la CSU in Bayern zu verhindern. Erst wenn die absolute CDU–Mehrheit gebrochen ist, wird man weitersehen, erst recht mit einer grüner Regierungsbeteiligung. Nur insofern hat Fritz Kuhn den zweiten Schritt vor dem ersten getan. Benedict M.Mülder M.