Überfälle auf Gewerkschafter in El Salvador

■ Oppositioneller Gewerkschaftsverband beschuldigt die Duarte–Regierung, sie wolle mit gezielten Übergriffen Gewerkschafter unter Druck setzen / In Dossiers der US–Botschaft werden sie als „legaler Arm der Guerilla“ bezeichnet / Handgranaten gegen politische Häftlinge

Von Gaby Gottwald

Berlin (taz) - Der oppositionelle salvadorianische Gewerkschaftsverband UNTS hat der christdemokratischen Regierung von Präsident Duarte vorgeworfen, sie wolle mittels gezielter Übergriffe durch die Sicherheitskräfte führende Mitglieder der UNTS unter Druck setzen. Der Vorwurf der Gewerkschaft bezieht sich auf einen Angriff von Sicherheitskräften auf das Männergefängnis Mariona in San Salvador in der Nacht vom 28. auf den 29. August, bei dem der politische Gefangene Vladimiro Centeno, Sohn des bekannten Gewerkschaftsführers Umberto Centeno, schwer verletzt wurde. In einer bezahlten Anzeige, die in der salvadorianischen Presse erschien, bezeichnete die UNTS den Vorfall als Mordversuch mit dem Ziel, den Vater des Gefangenen dazu zu bewegen, seine politische Arbeit als Mitglied der nationalen Leitung der UNTS zu beenden. Umberto Centeno hatte in der Vergangenheit mehrmals berichtet, daß ihm Angebote gemacht worden seien für den Fall, daß er sein Engagement einstelle. So habe man ihm nicht nur größere Geldsummen offeriert, sondern auch die Freilassung seiner beiden Söhne, die als politische Gefangene im Mariona Gefängnis einsitzen. Die UNTS–Vorwürfe scheinen nicht aus der Luft gegriffen. In der fraglichen Nacht haben Sicherheitskräfte Handgranaten in die Zelle Nr. 2 des Gefängnistraktes geworfen, in dem die politischen Häftlinge untergebracht sind. Dort befand sich auch Vladimiro Centeno, der nun schwerverletzt im Krankenhaus liegt. Mit Zunahme der Streikaktivitäten und der politischen Bedeutung der UNTS–Gewerkschaften steigt auch die gezielte Repression gegen deren führende Mitglieder. So wurde im Februar der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft, Julio Portillo, der ebenfalls Mitglied der nationalen UNTS–Leitung ist, während einer Demonstration von Sicherheitskräften angeschossen - gezielt und als einziger. Am 8.Juli schoß die Polizei in eine Demonstration streikender Arbeiter der Gewerkschaft der Sozialversicherung. 15 Personen wurden verletzt. Gegen die gesamte Leitung dieser Gewerkschaft, die ebenfalls der UNTS angehört, erging Anfang September ein Haftbefehl. US–Botschaft mischt mit Doch nicht nur der salvadorianischen Regierung, sondern auch der US–Botschaft in El Salvador, die politisch und finanziell die der christdemokratischen Regierung nahestehenden gelben Gewerkschaften stützt, sind die Aktivitä ten der regierungskritischen UNTS–Gewerkschaften ein Dorn im Auge. Im Sommer dieses Jahres verteilte sie ein umfangreiches Dossier, in dem nachgewiesen werden soll, daß die UNTS ein politischer Arm der Guerillaorganisation FMLN ist. Namentlich werden Mitglieder der UNTS– Leitung wie Umberto Centeno, Julio Portillo und Guillermo Rojas, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Sozialversicherung STISSS, der FMLN–Mitgliedschaft bezichtigt. Die Verteilung dieser steckbriefähnlichen „Dossiers“ beschränkt sich dabei nicht auf El Salvador. So hatte die US– Botschaft in Bonn Papiere ähnlichen Inhalts über die Mitglieder einer UNTS–Delegation zirkulieren lassen, die Ende Januar auf einer Rundreise in Europa war. In der Bundesrepublik war die Delegation, der u.a. Umberto Centeno und Julio Portillo angehörten, von den Vorständen des DGB und seiner Einzelgewerkschaften wie IG Metall, Druck und Papier und GEW empfangen worden. Organisationen aus der BRD wie „Medico international“ und die „Christliche Initiative Romero“, sowie holländische Kirchenkreise haben jetzt Anzeigen in der salvadorianischen Presse veröffentlicht, in denen sie die Einschüchterung des Gewerkschafters Umberto Centeno durch den Angriff auf seinen Sohn verurteilen.