P O R T R A I T Anker gelichtet

■ Anker Jörgensen, Vorsitzender der dänischen Sozialdemokraten, warf das Handtuch

Von Reinhard Wolff

Kassel (taz) - Nicht überraschend, aber doch unerwartet schnell warf Anker Jörgensen am Donnerstag das Handtuch. Wenige Stunden nachdem der konservative alte Ministerpräsident Poul Schlüter seine neue Regierung vorgestellt hatte, gab der sozialdemokratische Oppositionsführer seinen Rücktritt bekannt. Anker, nicht etwa Jörgensen, nennen auch die konservativen Zeitungen den populären Sozialdemokraten, der in den letzten 15 Jahren die Arbeiterpartei repräsentierte. Der 65jährige wohnt in einem einfachen Mietshaus im heruntergekommenen Hafengebiet Kopenhagens. Hier wurde er auch geboren und wuchs in einfachsten Verhältnissen auf. Eine lange Zeit der Arbeitslosigkeit nutzte er für den Besuch einer Abendschule. Er absolvierte schließlich sogar ein Hochschulstudium mit einem Studienaufenthalt in Harvard. Zehn Jahre lang stand er ab 1972 in ihren Zusammensetzungen wechselnden Koalitionen oder Minderheitsregierungen vor, denen gemeinsam war, daß sie niemals eine ganze Legislaturperiode hielten. Wenn er als Parteivorsitzender und Ministerpräsident sehr schnell und recht durchgängig Probleme mit der Parteilinken bekam, war das nicht nur das Resultat notwendiger Rücksichtnahme auf die - meist liberalen - Koalitionspartner. Jörgensen war und ist auf dem rechten Parteiflügel anzusiedeln. So darf man auch sein Eintreten für eine Koalition mit der linkssozialistischen Volkspartei im diesjährigen Wahlkampf sicherlich eher der Einsicht in die Mehrheitsverhältnisse als innerer Überzeugung zuschreiben. Als Ministerpräsidenten für eine solche in einiger Zeit durchaus möglichen Linkskoalition - eine lange Lebensdauer wird der Regierung Schlüter allgemein nicht zugetraut - kann man sich da schon eher Svend Auken vorstellen, den Jörgensen als Nachfolger vorgeschlagen hat.