: Le Pen trickst mit „Details“
■ Nationalsozialismus und Kommunismus gleichermaßen als Schreckensregime verurteilt / Der rechtsradikale Präsidentschaftskandidat bringt die Pariser Konservativen in Zugzwang
Aus Paris Georg Blume
Jean–Marie Le Pen, obwohl in die Enge gedrängt, läßt nicht locker. Fünf Tage nach seinen umstrittenen Äußerungen zur Judenvernichtung im deutschen Faschismus, die auf die einmütige Kritik aller politischen Parteien mit Ausnahme der „Front National“ Le Pens gestoßen waren, ging der Präsidentschaftskandidat der französischen Rechtsradikalen erneut zum Gegenangriff über. Le Pen nahm seine Aussage, der Völkermord der Nazis an den Juden sei eine „Detailfrage der Geschichte des Zweiten Weltkrieges“, nicht zurück. Vielmehr rechtfertigte er sich mit der Lexi kon–Definition des Wortes „Detail“. „In meiner Vorstellung steht Detail für Teil eines Ganzen“, erklärte Le Pen und folgerte: „Der Zweite Weltkrieg dauerte sechs Jahre. An ihm beteiligten sich Hunderte Millionen von Menschen, er forderte über 50 Millionen Tote... und hinterließ die Hälfte Europas unter dem sowjetischen Stiefel. Jeder dieser Aspekte des Krieges, wie tödlich, wie schrecklich er auch gewesen sein mag, war Teil dieser ungeheuren Tragödie.“ Le Pen unterstrich, daß er an die Einzigartigkeit des Holocaust nicht glauben mag: „Zwei totalitäre und anti–religiöse Ideologien, der Kommunismus und der Nationalsozialismus, übrigens zu Beginn de an, während die kommunistischen Verbrechen gegenwärtig sind.“ Le Pen wählte diese Ausflucht in die allgemeine Totalitarismuskritik nicht ohne Grund: Hier vertritt er eine bei Intellektuellen und Bürgerlichen weitverbreitete Grundauffassung, die Vergleiche zwischen Auschwitz und dem Gulag seit Jahren nahegelegt hat. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die rechten Regierungparteien nun an ihrer in den letzten Tagen geäußerte einmütigen Kritik der Thesen Le Pens festhalten. Zuvor hatte Staatspräsident Mitterrand in einem Fernsehinterview am Donnerstag sehr heftig die lokalen und regionalen Koalitionen zwischen Rechtsradikalen und Bürgerlichen kritisiert.
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