Einen Bärendienst erwiesen

■ Die Zündeleien der „Roten Zora“ gegen die Bekleidungsfirma Adler stoßen in der Frauenbewegung nicht nur auf Zustimmung / Weitere Solidarisierung verhindert?

„Amazonen stutzen Adler die Flügel“ hieß es mit unverkennbarer Freude auf der taz–Titelseite. Nach dem zehnten Anschlag der „Roten Zora“ und ihrer feurigen „Schwestern“ auf Modemärkte des Bekleidungskonzerns Adler gab die Geschäftsleitung den Forderungen der Brandlegerinnen nach: Sie stellte die zwölf entlassenen Arbeiterinnen ihrer südkoreanischen Niederlassung Flair Fashion wieder ein, ließ erstmalig freie Gewerkschaften zu den Betriebsratswahlen zu und erhöhte den Gesamtlohn um 23,5 Prozent. Machen zehn Feuer schon eine internationale Solidarität von Frauen? Am 15. August begründete die Rote Zora ihre Anschläge: „In unserem Widerstand hier wollen wir die Lebensbedingungen und Kämpfe der Frauen dort miteinbeziehen ... Flammende Grüße ..“ Was ein Lehrstück praktizierter Solidarität sein sollte, schob einer breiten Solidarisierung hier und bei Flair Fashion in Südkorea einen Riegel vor. Die von Südkoreanerinnen in der BRD, der Städtegruppe Tübingen von terre des femmes, anderen Frauen–, kirchlichen und gewerkschaftlichen Gruppen durchgeführte Öffentlichkeitskampagne, die vor allem KäuferInnen über die miserablen Produktionsbedingungen in der Freihandelszone von Iri aufklären wollte, kam nach Aussage von terre des femmes Tübingen schlagartig zum Erliegen. Als nächster Schritt hätte eine Mobilisierung unter den Adler–Beschäftigten hier angestanden. Doch da sei nichts mehr zu machen gewesen: Kunden wie Beschäftigte sind gleichermaßen durch den Terror verschreckt. Das öffentliche Interesse habe sich mehr auf die „feministische Terrorgruppe“ konzentriert als auf die Geschäftspraktiken von Adler. Die Anschläge vom August schienen sich laut terre des femmes Tübingen zunächst als ein Bumerang zu erweisen. Adler stoppte seine Produktionsaufträge nach Südkorea und drohte mit der Schließung von Flair Fashion - 1.700 ArbeiterInnen ständen auf der Straße. In Iri selbst wurde die freie katholische Gewerkschaft beschuldigt, für die Brände in der fernen BRD verantwortlich zu sein, was ein Schrumpfen der Kampfbereitschaft unter den ArbeiterInnen zur Folge hatte. Beim zehnten Mal scheint das feurige Spektakel nun plötzlich einen Umschwung bei Adler ausgelöst zu haben und flugs den Erfolg zu bringen, den der Widerstand hunderter ArbeiterInnen in Südkorea und monatelange Proteste bei uns nicht gebracht haben. Adler schrieb: „Das Unternehmen beugt sich damit der Gewalt terroristischer Gruppen, weil es keine andere Möglichkeit sieht, sein Werk in Südkorea und die Märkte in der Bundesrepublik ohne Gefahr weiterzuführen.“ Ein Interesse an den elementaren Grundrechten der Arbeiterinnen klingt nicht aus dieser Erklärung. Durch das Zugeständnis hat Adler in der Öffentlichkeit Gesicht gewahrt und sicher auch Sympathie gewonnen. Die Feuer–Taktik hatte Erfolg - sie hat jedoch nicht dazu geführt, daß die Beschwerden und der Kampf der Südkoreanerinnen nun endlich ernst genommen werden. Ob dieser unmittelbare Erfolg von Dauer ist, ist deshalb auch eine ganz andere Frage: Durch die Streik– und Gewerkschaftsbewegung hat sich das Investitionsklima in Südkorea verschlechtert, in anderen Ländern der Dritten Welt, z.B. Sri Lanka oder China, könnte Adler billiger produzieren. Den Blick darauf zu richten, daß auf Kosten von Frauen in der Dritten Welt deutsche Unternehmen satte Gewinne machen und wir ein „Leben mit Qualität“ (Adler–Slogan) führen, war das Anliegen der Öffentlichkeitskampagne. Das Feuerwerk hat dem Versuch, in einer einzelnen Widerstandsaktion ein solidarisches Dreieck zwischen Arbeiterinnen in der Dritten Welt, Konsumemtinnen hier und Arbeiterinnen hier aufzubauen, einen Bärendienst erwiesen. Anlaß genug, um sich mit der feurigen Taktik in der Frauenbewegung ernsthaft auseinanderzusetzen. Christa Wichterich