Tschernobyl–Folgen aus dem Untergrund

■ Institut für Energie– und Umweltforschung widerspricht Strahlenschutzkommission: Bodenstrahlung bleibt gefährlich / Tausende Krebserkrankungen prognostiziert

Von Andreas Wertz

Berlin (taz) - Allein in der BRD muß als Spätfolge der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl mit 4.700 bis 14.000 zusätzlichen Krebserkrankungen gerechnet werden. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Energie– und Umweltforschung (IFEU) in einer Studie, die gestern in Heidelberg vorgestellt wurde. Wie IFEU–Mitarbeiter Mario Schmidt erklärte, haben die Bundesbürger eine geringere Strahlendosis abbekommen als zunächst befürchtet. Hauptgrund dafür sei, daß sie sich anders ernährt hätten. Trotzdem würden auch heute verstrahlte Lebensmittel am meisten zur Strahlenbelastung beitragen. Dies ändert sich jedoch laut Schmidt in Zukunft: Dann werde die radioaktive Dosis vor allem von der Bodenstrahlung be stimmt, gegen die man sich kaum schützen könne. Der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission (SSK), Prof. Oberhausen, bezeichnete das IFEU–Ergebnis in punkto Krebsrisiko gegenüber der taz als „reine Spekulation“. „Diese Zahlen lassen sich doch nie beweisen“, sagte Oberhausen, räumte allerdings ein, daß auch der Tschernobyl–Abschlußbericht seiner Kommission ähnliche Schätzungen zulasse. Jedoch müsse man sie „mit sonstigen Lebensrisiken vergleichen“. Letzte Woche in Bonn, als er den SSK–Bericht vorstellte, hatte Oberhausen verkündet: „Es gibt sicher keine Gefährdung.“ Er bestätigte zwar gestern, daß künftig die Bodenstrahlung den Hauptanteil radioaktiver Belastung durch Tschernobyl trägt, hält aber die von der SSK angegebenen Werte für zu hoch. Mehr über die Berichte von IFEU und der SSK auf Seite 9 Kommentar auf Seite 4