Beatriz Brinkmann ist frei

■ Obwohl die Bundesregierung versagte, wurde die deutsch–chilenische Lehrerin vorgestern abend aus chilenischer Haft entlassen / Folter und Isolationshaft

Berlin (taz/ap) - Nach einjähriger Untersuchungshaft wurde die deutsch–chilenische Lehrerin Beatriz Brinkmann am Mittwoch aus dem Gefängnis in Valdivia/Chile entlassen. Die Freilassung sei das Ergebnis von Verhandlungen zwischen bundesdeutschen und chilenischen Regierungsbehörden, so Ulrike Alms–Hartwig, Mitarbeiterin der Marburger Initiative „Freiheit für Beatriz Brinkmann“. Mit der Auflage, umgehend das Land zu verlassen, war Frau Brinkamnn bei Hinterlegung einer Kaution von ca. 270 DM freigelassen worden. Noch am Donnerstag nachmittag befand sich Frau Brinkmann in der bundesdeutschen Botschaft in Chile, wo sie auf ihren Abflug (spätestens heute) wartet. Die 42jährige Lehrerin wurde am 19. September 1986 in Valdivia von der Geheimpolizei verhaftet und wegen Verstoßes gegen das Waffenkontrollgesetz und Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei angeklagt. Während der ersten Hafttage wurde Frau Brinkmann gefoltert und in Isolationshaft gehalten. Ihre Inhaftie rung hatte in der Bundesrepublik zu zahlreichen Protesten und Telegrammaktionen geführt. Die Initiative „Freiheit für Beatriz Brinkmann“, die die bundesdeutschen Solidaritätsaktionen initierte und koordinierte, führt die jetzige Freilassung wesentlich auf den starken öffentlichen Druck zurück, dem sich die chilenische Regierung gegenüber sah. „Wir haben von der Bundesregierung immer öffentlichen Protest gegen die Verhaftung gefordert. Das Auswärtige Amt hat uns jedoch immer geantwortet, daß diplomatische Bemühungen stillerer Art eher zum Erfolg führen“, so die Marburger Initiative. Die Bundesregierung konnte sich zu öffentlichen Forderungen gegenüber der chilenischen Regierung erst im Juli dieses Jahres durchringen. Das Auswärtige Amt zitierte den chilenischen Botschafter zu sich und teilte seinen Protest gegenüber dem Pinochet– Regime am 17.7.87 der Presse mit. Die Untätigkeit der Bundesregierung im Fall Brinkmann rief bereits zwei Wochen nach ihrer Verhaftung heftige Kritik in den Oppositionsparteien hervor. Anfang Oktober 1986 stellten die Grünen im Bundestag nach einem Bericht des ARD–Korrespondenten Enke aus Chile eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, die niemals beantwortet wurde. In der Anfrage wurde unterstellt, daß Frau Brinkmann gefoltert worden war und die Bundesregierung trotz eines Besuchs des Konsuls in Valdivia bei Frau Brinkmann ein gegenteiliges Bild in der Öffentlichkeit zu vermitteln suche. Der SPD–Abgeordnete Duwe bestätigte jedoch nach seinem Besuch Mitte Oktober, daß Frau Brinkmann gefoltert und ihr angebliches „Geständnis“ auf diesem Wege erzwungen worden war. Gaby Gottwald