Banken pfeiffen Herrhausen zurück

■ Der Chef der Deutschen Bank stiftet mit seinem Forderungsverzichtsvorschlag Verwirrung in Bankenkreisen

Aus Washington Ulli Kulke

Gar nicht anfreunden kann sich die Bankenszene mit der Erklärung des Vorstandssprechers der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, er könne „einen Verzicht von Forderungen“ gegenüber den Schuldnerländern „nicht grundsätzlich ausschließen“ (taz v. gestern). Die Creme der bundesdeutschen Bankenwelt versuchte sich gestern und vorgestern am Rande der Washingtoner Weltwährungskonferenz im Kreuzverhör der Presse auch darin, eine babylonische Sprachverwirrung aufzulösen: was ist ein Forderungsverzicht? Am Mittwoch, einen Tag nachdem Herrhausen die Lawine von Spekulationen losgetreten hatte, erklärte der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Banken, Wolfgang Röller, in Washington vor der Presse: „Schuldenerlaß, Forderungsverzichte können die Banken aus den bekannten gewichtigen Gründen nicht akzeptieren.“ Den Hinweis Herrhausens vom Dienstag, mit dem Verkauf von Forderungen gegenüber Schuldnerländern an Dritte z.B. zur Hälfte des Nennwertes werde bereits ein Forderungsverzicht praktiziert, schmetterte Röller wissenschaftlich ab. Das sei „volkswirtschaftlich“ kein Forderungsverzicht. Nicht zu überhören: Der Begriff sollte so schnell wie möglich wieder aus dem „menue approach“, der Angebotspalette von Lösungsmöglichkeiten, die den Schuldnerländern angeboten wird, verschwinden. Zwar las der zweite, gleichberechtigte Vorstandssprecher „zur Klarstellung“ vor Journalisten die betreffende Passage Herrhausens vom Vortag vor. Es half aber alles nichts: Da war nach wie vor von einem „nicht grundsätzlich ausgeschlossenen“ Forderungsverzicht aus dem Munde seines Kollegen die Rede. Sehr deutlich meinte sich Röller noch von dem Eindruck distanzieren zu müssen, der nach Herrhausens Vorstoß im Raume stand: Daß die bundesdeutschen Banken von ihren durch erhöhte Risikoreserven sehr gesicherten Positionen aus die internationale Bankensolidarität verlassen, eine eigene „Debt–Strategie“ einschlagen, und sich im Zuge von Forderungsverzicht Konkurrenzvorteile verschaffen wollen. Genau das unterstellte aber ein Vertreter einer US–amerikanischen Bank gegenüber der taz: Herrhausen habe zwar mit seiner Erklärung, auch ein Forderungsverzicht sei nicht auszuschließen, eigentlich nur Realismus bewiesen. Der Vorstoß sei jedoch zu früh gekommen, er hätte kollegialerweise warten müssen, bis auch die japanischen, britischen oder US–Banken ähnliche Risikovorsorge getroffen hätten.