Werften–Chef vom Militär gefeuert?

■ Der entlassene Vulkan–Chef Wolf–Elmar Warning war im Verteidigungsministerium unbeliebt / Neuer Fregattenauftrag ist für den Vulkan lebenswichtig / „Sozialverträgliche Entlassungen“ geplant

Nach nur halbjähriger Amtszeit ist der Vorstandssprecher des Bremer Vulkan, Wolf–Elmar Warning, vom Aufsichtsrat der Werftengruppe entlassen worden. Die Taufe der Fregatte „Augsburg“ am 24. September dürfte seine letzte Amtshandlung gewesen sein; am folgenden Tag setzte der Aufsichtsrat ihn buchstäblich vor die Tür: Warning erhielt Hausverbot. „Wir haben verabredet, das Ausscheiden von Herrn Warning nicht öffentlich zu kommentieren“, sagte der frühere Senatsdirektor im Wirtschaftsressort und jetzige Vulkan–Finanzdirektor Friedrich Hennemann gestern. Die Vulkan–Gruppe, die Warning ein halbes Jahr führte, umfaßt heute alle wesentlichen Werften an der Unterweser und ist eine Konstruktion der sozialdemokratischen Bremer Wirtschaftspolitiker. Als die Konzerne Krupp, Thyssen und Hapag–Lloyd sich Anfang der achtziger Jahre aus den Bremer und Bremerhavener Werften zurückzogen, übernahm der Bremer Senat zu symbolischen Preisen die Werften und schloß sie unter Führung der Bremer Großwerft Vulkan zusammen. Der frühere Senatsdirektor im Wirtschaftsressort, Friedrich Hennemann, trat Anfang des Jahres in den Vulkan–Vorstand ein und gilt besonders seit dem Rausschmiß Warnings als der starke Mann der Werftengruppe. Seine Beteiligung an der Werftengruppe hat der Bremer Senat inzwischen weit zu rückgenommen, indem er viele Aktien an kleine Anleger verkaufte, die mit Sehnsucht auf Gewinne und steigende Aktienkurse warten. Sie warten bisher vergebens. Auf rund 90 Millionen schätzte Warning vor einigen Wochen den Verlust dieses Jahres, doppelt so hoch, wie er noch im Sommer bei der Hauptversammlung abzusehen war. Zwar wurden die Werften mit den modernsten Produktionsanlagen ausgerüstet, aber gewinnbringende Aufträge sind nicht in Sicht. Bisher hat also das Konzept der Werftenrettung des Bremer Senats noch keinen Erfolg gezeigt. „Die suchten einen Sündenbock und haben deshalb den Warning in die Wüste geschickt“, vermutete ein Vulkan–Betriebsrat gestern. Einzig mit dem Bau von Kriegsschiffen können Werften heute noch Gewinne machen. Zivile Aufträge muß der Vulkan regelrecht „einkaufen“; er hat einen großen Teil der drei Kapitalerhöhungen in den letzten Jahren dafür ausgegeben. Deshalb ist die Entscheidung, welche bundesdeutsche Werft Generalunternehmer für die modifizierte F–122–Fregatte der Bundesmarine wird, für ihn eine Lebensfrage. Vorstandsmitglied Hennemann mochte das gestern nicht bestätigen: „Wir leben vom Handelsschiffsneubau“, erklärte er ungerührt. Bis zum Dezember will Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner die Mittel für die neuen Fregatten losgeeist haben, und Anfang des kommenden Jahres wird die Entscheidung fallen, welche Werft Generalunternehmer wird. Der geschaßte Vorstandsvorsitzende Warning scheint beim Buhlen um die vier bis fünf Fregatten für den Bremer Vulkan nicht die glücklichste Hand gehabt zu haben: Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Professor Timmermann, soll ein Gespräch mit Warning „einseitig beendet“, ihn also vor die Tür gesetzt haben, berichten Insider. Welche Folgen die Turbulenzen auf der Chef–Etage für die Belegschaft haben, war gestern noch nicht abzusehen. Auch die gewerkschaftlichen Mitglieder des Aufsichtsrats geben über die Diskussionen der letzten Sitzung keine Auskünfte; er habe mit seinen „Kollegen von der Kapitalseite“ Stillschweigen verabredet, sagte Vulkan–Betriebsratsvorsitzender Karl–Heinz Schönberger nach der Sitzung zu den Vulkan– Betriebsräten. Die Aufsichtsräte hätten darüber diskutiert, wie die kommenden Entlassungen „sozialverträglich gestaltet“ werden können, sagte Finanzdirektor Hennemann gestern. Nach einem Konzept, das schon seit Wochen auf der Werft kursiert, sollen allein auf dem Bremer Vulkan, der zur Zeit noch über 3.000 Menschen beschäftigt, rund 650 Arbeiter/innen entlassen werden. Michael Weisfeld