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Blockaderichter in Gmünd verurteilt

■ Geldstrafen für drei Hamburger Richter zwischen 1.200 und 2.000 DM / Wie gehabt, gab es keine Prüfung der Motive der Angeklagten

Von Werner Jany

Schwäbisch Gmünd (taz) - Zum zweitenmal hat ein Gmünder Amtsrichter Kollegen, die sich an der „Richterblocklade“ im Januar dieses Jahres beteiligt haben, zu einer Geldstrafe verurteilt. Zwischen 1.200 und 2.000 Mark sollen drei Hamburger Richter dafür bezahlen, daß sie sich bei 20 Grad Kälte zwei Stunden lang auf die Zufahrtsstraße zum Mutlanger Pershing–II–Depot gesetzt haben. Der Gmünder Amtsrichter Klaus Mayerhöffer sah den Tatbestand der Nötigung erfüllt. Gewalt, so führte er in seiner Urteilsbegründung aus, sei auch dann gegeben, wenn kein besonderer körperlicher Krafteinsatz aufgewendet worden sei, um die Fahrer der US–amerikanischen Militärlaster anzuhalten. Verwerflich sei die Aktion deshalb, weil sie rechtswidrig sei. Richter Mayerhöffer blieb damit der „Gmünder Linie“ treu, die „Verwerflichkeit“ aus der „Gewaltanwendung“ ableitet, ohne die Motive der Angeklagten zu prüfen, obwohl das OLG Stuttgart wegen eben dieser Unterlassung ein Urteil des Gemünder Amtsgerichts in einem anderen Blockadeverfahren aufgehoben hat. Die Hamburger Juristen hatten im Prozeß vor allem darauf abgezielt, die völkerrechtliche Bedeutung der Pershing–Stationierung überprüfen zu lassen. Ihrer Meinung nach war die Stationierung ein Verstoß gegen das Völkerrecht, der individuellen Widerstand legitimiert. Beweisanträge dazu lehnte das Gerichte ebenso ab wie die Einholung eines Gutachtens zur Frage, ob Blockaden im Rechtsempfinden als „verwerflich“ anzusehen seien. Die drei Hamburger Richter kündigten an, daß sie Rechtsmittel einlegen werden.

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