Kiels heißer Draht zum Jenseits

■ Staatskanzlei führte Gespräch mit der Gesellschaft für humanes Sterben / Spekulationen um Stoltenbergs Spitzenkandidatur

Kiel (dpa/taz) - Zwei Telefongespräche, der Termin der Neuwahlen und die Frage, wer wen mit Schlamm bewirft, standen am Wochenende im Mittelpunkt der schleswig–holsteinischen Daueraffäre. Aus der Kieler Staatskanzlei wurde am 27.Juli ein Telefongespräch mit der „Gesellschaft für humanes Sterben“ in Augsburg geführt. Die Gesellschaft war bereits kurz nach Barschels Tod in die Schlagzeilen geraten, weil sie eine Broschüre mit Anleitungen zum Selbstmord, unter anderem auch mit Gift in der Badewanne, herausgibt. Barschels Witwe hatte damals jegliche Verbindung ihres Mannes zu der Gesellschaft bestritten. Pfeiffer sagte, nicht er oder Barschel hätten das Gespräch geführt, sondern ein ihm bekannter Journalist. Pfeiffer, dieser Journalist und dessen Frau hätten in Norddeutschland einen Verein für humanes Sterben gründen wollen. Dazu habe der Journalist noch eine bestimmte Broschüre über sanftes Sterben haben wollen, die er aber nicht bekommen habe. Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg lehnt eine Spitzenkandidatur in Kiel nicht mehr grundsätzlich ab. Am Freitag betonte er im ZDF allerdings, die Spitzenkandidatur solle erst nach dem Landesparteitag „nach gründlicher Vorbereitung“ behandelt werden. Nach wie vor ist der Termin der Neuwahlen umstritten. Die SPD erneuerte ihren Vorschlag, am 21.März solle gewählt werden; CDU und FDP wollen jedoch erst im Juni wählen lassen. Widersprüchliche Angaben gibt es weiterhin zu einem Telefongespräch, das am 8.September aus Barschels Auto mit Reiner Pfeiffer geführt wurde. Pfeiffer hatte angegeben, daß ihn Barschel aus dem Auto nach dem Stand seiner Bemühungen um eine Wanze gefragt habe. Barschel hatte dies in seiner eidesstattlichen Erklärung bestritten, sein stellvertretender Regierungssprecher Herwig Ahrendsen hatte behauptet, daß er und nicht Barschel mit Pfeiffer geredet hätte. Ahrendsens Aussagen waren aber durch die Aussagen von Sicherheitsbeamten in Zweifel gezogen worden, wonach zum Zeitpunkt des Gespräches Barschel bereits auf der Höhe von Neumünster gewesen sei und allein im Auto gesessen habe. Am Freitag wurde bekannt, daß Barschels Wagen sich doch näher am Stadtrand von Hamburg befunden haben muß. Letztendliche Klärung erhofft sich der Kieler Ausschußvorsitzende Klingner von Unterlagen der Hamburger Oberpostdirektion. Diese hat den Vorgang allerdings an das Bundespostministerium weitergegeben. nms