Spanische Parteien schließen Pakt gegen die ETA

■ Die ETA soll politisch isoliert und als Gruppe vernichtet werden / Die ETA habe kein Recht, im Namen des baskischen Volkes zu sprechen / Eine große Koalition von links bis rechts / Einheitliche europäische Antiterror–Gesetze gefordert / Nur eine Partei gegen den Pakt

Madrid/Berlin (dpa/taz) - Die Reihen werden geschlossen. Am Donnerstag unterzeichneten die im spanischen Parlament vertretenen Parteien mit Ausnahme der baskischen Nationalisten Eusko Alkartasuna (EA) ein „Abkommen gegen den Terrorismus“. Die baskische Linkskoalition Herri Batasuna, die der ETA nahesteht, unterschrieb nicht. Sie ist allerdings im spanischen Parlament nicht vertreten. In dem Abkommen wird der ETA das Recht abgespochen, im Namen des baskischen Volkes zu sprechen und politische Verhandlungen zu führen. Des weiteren wollen die Parteien an einer einheitlichen europäischen Antiterrorgesetzgebung mitarbeiten. Die Antiterrorismusgesetze sollen abgeschafft, dafür die Strafgesetze angeglichen werden. Die Antiterrorismusgesetze, speziell gegen die ETA geschaffen, sollen nach dem Willen des sozialistischen Ministerpräsidenten Felipe Gonzalez gleichwohl nicht völlig verschwinden. Zum einen sollen „Terrorismus“–Delikte weiterhin vom Staatsgerichtshof in Madrid abgeurteilt werden und nicht von Richtern im Baskenland dort, wo die Taten gewöhnlich begangen werden. Daß über diese Aktionen regelmäßig von Richtern befunden wird, die für die Situation im Baskenland kein Verständnis haben, wird auch von der fortschrittlichen Richtervereinigung „Richter für die Demokratie“ und der „Vereinigung für die Menschenrechte“ bereits seit langem kritisiert. Noch ein anderer Punkt stößt bei ihnen auf Kritik: Während das Antiterrorismusgesetz ein Verbleiben von Festgenommenen in polizeilicher Gewalt ohne Vernehmung bis zu zehn Tagen vorsieht, ist nach dem Strafgesetz die Festnahme nur bis zu maximal 72 Stunden möglich. Nach dem Willen der Gesetzgeber sollen diese 72 Stunden bei Terrorismusdelikten künftig um 24 bis 48 Stunden mit richterlicher Genehmigung verlängerbar sein. Es ist bekannt, daß in spanischen Polizeirevieren nach wie vor gefoltert wird. Die Folter wird hauptsächlich in der Zeit nach der Festnahme angewandt, bevor der Gefangene einem Richter vorgeführt wurde. Große politische Konflikte scheint es um das Antiterrorismusabkommen nicht gegeben zu haben. Die baskische nationalistische Partei PNV, die mit den baskischen Sozialisten PSE/PSOE die Regionalregierung bildet, hatte sich eine zeitlang geweigert, das Abkommen zu unterzeichnen. Der Grund dafür war allerdings, so die Tageszeitung El Pais, kein ideeller, sondern ein pekuniärer: es geht um den Finanzbeitrag, den das Baskenland an die Zentralregierung zu leisten hätte, und der dieses Jahr wesentlich höher liegt als in den vergangenen Jahren. Offensichtlich ist das Problem jedoch rechtzeitig zur Zufriedenheit gelöst worden. Der Pakt ist ein weiterer Schritt im Versuch, die ETA zu zerstören und zu isolieren. Gleichzeitig wird öffentlich über die Möglichkeit diskutiert, das Wiedereingliederungsgesetz, das abtrünnigen Etarras die Rückkehr in die Heimat gestattet, auszuweiten. Galt es bislang nur für solche ETA– Mitglieder, denen keine Bluttaten zur Last gelegt werden, soll es eventuell auf ETA–Mitglieder, die Tote auf dem Gewissen haben, ausgedehnt werden. Eine Ausweitung, die die Perspektive einer Rückkehr sicher für viele Etarras attraktiver macht in einer Zeit, in der sie ständig mit ihrer Festnahme oder - wenn sie in Frankreich leben - Auslieferung rechnen müssen. ant