Shultz will Sandinisten treffen, wenn...

■ Zum erstenmal seit 1984 zeigen sich die USA bereit, mit der nicaraguanischen Regierung direkt zu verhandeln / Eine Reihe von Bedingungen sollen von Nicaragua zuvor noch erfüllt werden / Wo wird wie „ernsthaft“ mit den Contras verhandelt werden?

Washington (wps/taz) - Zum ersten Mal seit 1984 wird sich möglicherweise ein Vertreter der US–Regierung mit einem Sandinisten an einen Tisch setzen. Zur Eröffnung der diesjährigen OAS– Sitzung erklärte Präsident Reagan, Außenminister Shultz werde sich mit den fünf Aussenministern der zentralamerikanischen Staaten, einschließlich des sandinistischen, treffen. Voraussetzung da für seien allerdings „ernsthafte Verhandlungen“ zwischen den Sandinisten und den Contras unter Vermittlung des Kardinals Obando y Bravo. Shultz erklärte bei der gleichen Gelegenheit, er sei bereit, sich mit Ortega zu treffen, falls ein Waffenstillstandsabkommen ausgehandelt, die Pressefreiheit in Nicaragua eingeführt und Tausenden politischer Gefangener entlassen würden. Nachdem die Sandinisten Ende vergangener Woche Kardinal Obando y Bravo zum Vermittler bei den Gesprächen mit der Contra eingesetzt hatten, scheint nun die US–Regierung einen Schritt in Richtung Befriedung zu tun. Einige Fußangeln sind allerdings gelegt. So forderte der vermittelnde Kardinal, die Verhandlungen mit den Contras müssten in Managua stattfinden, was die sandinistische Regierung strikt ablehnt. Die Amnestie und die Aufhebung des Notstands wollen die Sandinisten nur dann in Kraft treten lassen, wenn die USA den Contras keine Gelder mehr geben. Reagan erklärte jedoch, seine Unterstützung für die Contras werde nicht nachlassen. Ausgeschlossen ist für die Sandinisten ebenfalls die Amnestierung ehemaliger Somozisten. Auch die Frage, wodurch sich Verhandlungen als „ernsthaft“ qualifizieren, bleibt bislang offen. ant Wischnewskis Wirken Bonn (taz) - Der SPD–Politiker Wischnewski hat bei der Entscheidung der Sandinisten, Verhandlungen mit der Contra aufzunehmen, offensichtlich heftig mitgemischt.Nach seiner Rückkehr aus Zentralamerika, wo Wischnewski mit den Regierungen aller vom Friedens–Plan betroffenen Länder konferierte,sagte er gestern, die Entscheidung sei den Sandinisten nicht leicht gefallen und man habe „in langen Diskussionen“ manche „Ratschläge“ gegeben. Wischnewski hatte sich während seiner Reise zeweimal in Nicaragua aufgehalten und zuvor auch ein Gespräch mit der Contra geführt. Wischnewski bestritt zwar, großen Einfluß auf die Sandinisten ausgeübt zu haben, doch hatte die Regierung Nicaraguas erst kürzlich durch die Abberufung ihres Bonner Botschafters, der der SPD nicht genehm war, gezeigt, wieviel ihr international die Unterstützung der deutschen Sozialdemokratie wert ist. Der Bundestag wird morgen über die Aufnahme von Entwicklungshilfe an Nicaragua debattieren.