I N T E R V I E W „Staatsgefährdende Aufträge nehmen wir nicht an“

■ Wolfgang Bahr, Mitglied im Bundesverband Deutscher Detektive und Geschäftsführer der Detektei Schimmelpfennig fürchtet um den Ruf seiner Branche

taz: Ihre Branche hat seit dem Bekanntwerden der Bespitzelungen des Kieler Oppositionsführers Engholm publizistische Hochkonjunktur. „Seriosität, Erfahrung und Diskretion“ verspricht Ihr Verband der Kundschaft. Haben Sie jetzt Zulauf oder fürchten Sie um den guten Ruf ihres Berufszweiges? Bahr: Der Ruf war leider noch nie besonders gut, ich fürchte aber, daß er jetzt noch schlechter wird. Weil Mitarbeiter Ihrer Branche an einem Komplott der Wirtschaft gegen SPD und Grüne mitgestrickt haben? Ich sehe dat Ding als ein Politikum an. Der Spiegel zieht sich im Interesse der SPD an dem Ding hoch, wie sich die CDU früher an der Neuen Heimat hochgezogen hat. Ich glaube nicht an ein Komplott. Wenn es stimmen sollte, daß der Ex–Mitarbeiter der Detektei Condor, Böhm, versucht haben soll, seinen Arbeitgeber aus Rache zu erpressen, dann glaube ich einfach, daß das selbsternannte Superdetektive sind, die mit dem Geld nicht umgehen können; Böhm soll immer in Geldschwierigkeiten gewesen sein, Rüdell hat sich selbst erschossen, weil er mit Autopfuscherei zu tun hatte. Diese Leute wissen einfach, aha, der Spiegel ist für solche Geschichten empfänglich, ich renn mal hin, verkauf ne Story und versuch ne Mark Bares zu kriegen. Aber die Observierungen Engholms, angefangen im September 86 bis hin zu denen durch das Büro Harry Piel, scheinen doch gelaufen zu sein? Scheinen gelaufen zu sein, das ist richtig. Gehören solche politisch delikaten Aktionen zum Berufsalltag? Ich habe keine Erfahrungen damit. Ich habe noch nie einen solchen Auftrag bekommen. Mir sind zwar schon unrechtmäßige Aufträge vergeblich angeboten worden, aber nicht in der Richtung. In unseren Geschäftsbedingungen steht drin, staatsgefährdende, politische Aufträge nehmen wir nicht an. Es gibt indes gewisse Firmen, Banken, Versicherungen und Hotels, die greifen auf Detektive zurück, weil sie sich vor Negativ–Werbung schützen wollen. Diskretion gehört zum Geschäft? Wat soll ick auf die Frage antworten? Wenn wir vereinbaren, ich hebe drei Finger und schwöre und wenn ich jetzt lüge, dann falle ich um, dann würde ich das machen. Ich würde die Finger heben und nicht umfallen. Glauben würde mir deshalb doch keiner. Sie argumentieren sehr defensiv? Na, ich glaube ja auch dem Spiegel nicht. Welcher seriöse Detektiv läßt sich schon sein Funkgerät aus dem Auto ausbauen und durch die Polizei beschlagnahmen? Wir haben doch immer eine Fotokopie der Genehmigungsurkunde dafür in unserem PKW. Das Funkgerät jedenfalls laß ich mir nicht ausbauen. Als erfahrener Detektiv sage ich zu den Jungs von der Polizei, wißt Ihr was, ruft beim Fernmeldeamt an und erkundigt Euch. Das läßt sich kontrollieren. Strapazieren Detektive nicht häufig die Rechtslage und arbeiten etwa mit falschen Kripomarken? Nee, um Gottes Willen, Amtsanmaßung, das ist das Schlimmste. Das wird jedem Detektiven eingebläut. Um Leute zu befragen, kann man sonst was erfinden. Man gibt sich als Vertreter, Meinungsforscher, Handwerker aus, aber doch nicht als Kripobeamter. Erfahrene Detektive und erst recht unerfahrene, die sind viel zu ängstlich, sind auch nicht so dumm und zeigen eine falsche Kripomarke vor. Zugegeben, die beiden Observierer gehören zu den zwielichtigeren in Ihrer Branche, Harry Piel allerdings hat Aufträge von einem großen Industrieunternehmen bekommen? Sicher, für die Firma Schwarzkopf hat er ein Sicherheitskonzept entwickelt. Wir haben den Harry Piel aus unserem Verband ausgeschlossen, weil er uns keine Stellungnahme zu den Vorgängen geben wollte. Wir wollten wissen, ob er wegen Engholm einen rechtmäßigen Auftrag gehabt hat, ja oder nein. Doch dazu wollte er nicht Stellung nehmen, deshalb haben wir ihn wegen Verbandsschädigung ausgeschlossen. Interview: Benedict M.Mülder