Verhüllte Häupter

■ Zur Diskussion um das Vermummungsverbot

Wir werden Prozesse gegen Schüler kriegen, wo es um Gefängnisstrafen für die Kleiderordnung geht“, hatte Christian Lochte, der Hamburger V–Mann, nach den Schüssen in Frankfurt gewarnt. Das wollen auch alle diejenigen vemeiden, die gern ein durch „Strafbewahrung“ abschreckendes Vermummungsverbot wollen. In den Positionen von Polizisten, Staatsanwälten und Richtern spiegelt sich deren Befürchtung wider, sich mit der Strafverfolgung verhüllter Köpfe lächerlich zu machen. Die Gewerkschaft der Polizei will die Kollegen nur dann mit der Waffe eines verschärften Vermummungsverbotes ausrüsten lassen, wenn sie niemand zwingt, dem Demonstranten hinterherzulaufen, dem die Mütze zu tief übers Gesicht gerutscht ist (was ihr von der FDP in einer Klausel zum Gesetzentwurf tatsächlich zugebilligt werden soll). Die Staatsanwaltschaft will kein neues Verfolgungs–Instrument: Mit Recht fürchtet sie die lächerliche Vorstellung, wenn einer ihrer Standesvertreter, schwitzend vor Peinlichkeit, zwei Jahre Gefängnis für einen falschen Bart fordert. Vor eben diesem Umstand warnen auch die Richter, die eine Fülle von Prozessen auf sich zukommen sehen, die dann doch nur mit Freisprüchen aus Mangel an Beweisen enden können. Die juristische Anti–Terror–Distanzwaffe, das ist allen Beteiligten klar, wird nur wirksam, wenn sie unmittelbar vor Ort scharf gemacht werden kann, das heißt wenn nicht Richter, sondern Einsatzleiter darüber entscheiden, was eine Vermummung ist und was nicht. Damit ist aber auch deutlich, daß das Vermummungsverbot keine strafbare Handlung, sondern eine Gesinnung verfolgt. Es entspricht ungefähr dem Straftatbestand eines unfriedlichen Gesichtsausdrucks. Imma Harms