Der internationalen Subversion begegnen ...

■ In Mar del Plata findet bis heute die „17. Konferenz der amerikanischen Heere“ statt / In den demokratisierten Ländern Lateinamerikas muß die Bekämpfung der internationalen Subversion neu gerechtfertigt werden / Drogenterrorismus als neues Feindbild

Von Bert Hoffmann

Buenos Aires (taz) - „Methoden zur Bekämpfung der Subversion und insbesondere des Terrorismus in Amerika, bei Ausnutzung der Erfahrungen sowohl militärischer als auch ziviler Art“ - mit diesem Titel zeigt die 17. Konferenz der amerikanischen Heere, daß sich der Kurs dieser Treffen auch dann nicht ändert, wenn das Gastgeberland wie hier Argentinien eine Demokratie ist. Der Feind bleibt - so das öffentlich gewordene, vom argentinischen Heer ausgearbeitete Vorbereitungsdokument - die „Internationale Subversion“, die „Kommunisitische Weltbewegung“ und die „marxistische Infiltration“. Wenn es keine aktive Guerilla gibt, kann die Armee diesen „Feind“ nicht mehr so offen bekämpfen. Die Aktivitäten des Militärs müssen neu legitimiert werden. Und so wird dann sehr moralisch der „Drogenterrorismus“ in die zentrale Position gerückt: „Die Subversion in Lateinamerika und ihre Symbiose mit dem Drogenhandel - Bestimmung der Strategien, um diese Geißeln zu bekämpfen“, lautet das erste Unterthema der Konferenz. Bereits im vergangenen Jahr hatten die USA diese neue Strategie in Bolivien erprobt. Unter dem Vorwand, die Regierung im Kampf gegen die Drogenmafia zu unterstützen, hatte Washington US–Soldaten in das schwer zugängliche Dschungelgebiet Boliviens geschickt. Mit dem 17. Heerestreffen in Mar del Plata hält der „Drogenterrorismus“ nun offiziell Einzug in die Militärdoktrin der lateinamerikanischen Armeen. Auf diesen etwa alle zwei Jahre stattfindenden Konferenzen koordinieren die USA mit den Heeres–Spitzen Lateinamerikas die weitere Politik und Strategie der Militärs. Diese Treffen standen immer unter dem Zeichen des Ost–West–Konflikts, der „Bedrohung der freien Welt durch den Kommunismus“, seitdem sie 1960 als Reaktion auf die kubanische Revolution im Jahr zuvor von den USA ins Leben gerufen wurden. Das berühmte Gespann John F. Kennedy / Robert McNamara versuchte, den revolutionären Bestrebungen mit einer „Zuckerbrot und Peitsche“–Politik zu begegnen: Die von Kennedy mit viel Publicity verkündete „Allianz für den Fortschritt“ versprach, als „Marshall–Plan“ für Lateinamerika den Ländern Wohlstand und Entwicklung zu bringen; das notwendige Gegenstück, die Peitsche, war die ideologische und materielle Unterstützung der lateinamerikansichen Armeen im Kampf gegen die Guerilla. Wichtigstes Koordinations–Instrument hierzu wurde die „Konferenz der amerikanischen Heere“. In dieser Doppel–Strategie von „Entwicklung und Sicherheit“ erwies sich das Interesse an letzterer als sehr viel dauerhafter: Während die „Allianz für den Fortschritt“ schnell scheiterte und aufgegeben wurde, wurde der militärische Teil, die „Sicherheit“, beständig ausgeweitet und perfektioniert. Amerikanische Arbeitsteilung Ihren deutlichsten Ausdruck fand dies in der vom Pentagon entworfenen „Doktrin der nationalen Sicherheit“, die seit den sechziger Jahren bis heute für die amerikanischen Militärs fast ungebrochen Gültigkeit hat. Ausgehend von dem alles dominierenden Ost– West–Konflikt ist es Aufgabe der USA, ihre Armee gegen den äußeren Feind, die Sowjetunion, auszurichten. Die Länder Lateinamerikas trifft die „Kommunistische Bedrohung“ dagegen innerhalb der eigenen Landesgrenzen, als „Subversion“ oder „Infiltration“. Ihre Armeen haben diese die „nationale Sicherheit“ gefährdenden Elemente zu bekämpfen. So gibt die „Doktrin der nationalen Sicherheit“ den lateinamerikanischen Armeen die Legitimation für willkürlichen Terror gegen alle Oppositionellen, Gewerkschafter und Journalisten, engagierte Lehrer und Anwälte. Auch jetzt in Mar del Plata disku tieren die Militärs wieder ihre „Strategie gegen das Eindringen der Subversion mittels der Befreiungstheologie und der Anwendung der Theorie von Gramsci, über die Kontrolle der Kultur, der Erziehung und der Massenmedien die Macht zu erobern“, so das zweite Unterthema der diesjährigen Konferenz. Eng verbunden mti der „Doktrin der nationalen Sicherheit“ sind auch die Militärputsche, die in fast allen Ländern Lateinamerikas die Politik der vergangenen 30 Jahre geprägt haben. Die Militärs als „Moralische Bastion der Nation“ waren legitimiert, die Staatsgewalt an sich zu reißen, wenn die zivilen Regierungen ihrer Ansicht nach „korrupt“, „unfähig“ oder „von Kommunisten unterwandert“ waren. Zum Beispiel wurde die letzte Militärdiktatur in Argentinien auf diese Weise angekündigt und begründet. Auf der Heereskonferenz 1975 erklärte General Videla: „Wenn es sein muß, werden in Argentinien so viele Personen sterben, wie es nötig ist, um die Sicherheit des Landes zu gewährleisten.“ Ein Jahr später folgte der Putsch, Videla wurde Chef der Militärjunta. Ein Brief an Alfonsin So wird von den Menschenrechtsorganisationen Argentiniens das Heerestreffen denn auch heftig kritisiert. In einem Offenen Brief an Präsident Alfonsin, der die Konferenz persönlich eröffnet hat, wird dagegen protestiert, daß „die Militärs kulturelle und soziale Fragen sowie auch die Befreiungstheologie als Teil ihres Zuständigkeitsbereichs ansehen“. Alfonsin wird an sein oft wiederholtes Versprechen erinnert, mit der „Doktrin der nationalen Sicherheit“ aufzuräumen und das Militär der demokratischen Regierung unterzuordnen. Für Alfonsin hingegen sind „Drogenhandel und subversiver Krieg schreckliche Geißeln, die fundamental gegen Lateinamerika gerichtet sind“, wie er vor der Konferenz erklärte. Die Bedeutung der Heerestagung spielt er herunter: „Es ist nichts weiter als ein Gespräch, das auf militärischer Ebene stattfindet, um einige Empfehlungen zu geben, die wir dann wie alle Regierungen studieren werden.“ Andere Sprecher der Regierung betonen, daß das Vorbereitungsdokument auch von Demokratie spricht und davon, daß bei der Bekämpfung des Terrorismus diese auf der Basis der herrschenden Gesetze erfolgen solle. Die letzte Heereskonferenz 1985 habe als Thema gehabt: „Die Rolle des Heeres in einer demokratischen Gesellschaft“. Die Konferenz fand in Santiago de Chile statt, eröffnet von Pinochet.