Eine neue Blüte im Bankenparadies Schweiz

■ Am Samstag wurde der Trägerschaftsverein für eine Alternativ–Bank gegründet

Aus Bern Thomas Scheuer

Die Zeiten hätten sich eben geändert, man wolle „diesen Widerspruch dialektisch auflösen“, erläutert mir Hans–Peter Vieli schmunzelnd den Ausspruch Mackie Messers in Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Vor einigen Jahren hätte niemand unter ihnen geglaubt, so Vieli, daß sie je eine Bank gründen würden. Doch nun, am vergangenen Samstag, haben sie sich im Berner Restaurant „Schweizerbund“ zu eben diesem Unterfangen versammelt: Beschäftigte aus selbstverwalteten Betrieben, aus Druckereien, Kneipenkollektiven oder Bio–Bauernhöfen etwa, Aktivisten aus Friedens–, Dritte–Welt– und Umweltgruppen und Einzelkämpfer wie der Zürcher Schriftsteller Max Schmid. Eben der hatte auf Einladungsschreiben und Zeitungsinseraten die Brecht– Weisheit eingerückt. Das Bankgewerbe der Alpenrepublik, traditionell sicherer Hort für Fluchtgelder aus aller Diktatoren Länder und verläßlicher Business–Partner des südafrikanischen Apartheid–Regimes, zog schon lange den politischen Zorn auf sich. Aber selbst ein Geldinstitut wie die gewerkschaftsnahe „Genossenschaftliche Zentralbank“, auf die oppositionelle Kreise gerne auswichen, ist verpönt, seit sie kürzlich der Gruppe „Schweiz ohne Armee“ mit staats erhaltender Begründung das Konto kündigte. Die Idee einer Öko–Bank, also einer zentralen Anlaufstelle für alternative Anleger und Kreditsuchende, lag nahe. Eine Arbeitsgemeinschaft Alternative Bank (AGAB) bildete sich, die bereits an die 200 Einzelpersonen, Organisationen und Betriebe für das Projekt gewinnen konnte. Neben Netzwerk, Greenpeace, Polit– Gruppen und Öko–Zentren klinkten sich auch Verbände mit „bürgerlichem“ Renommee wie der World Wildlife Fund (WWF), der Studentenreisedienst SSR oder etwa die „Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Bergbevölkerung“ ein. In die Defensive geriet da schnell ein Konkurrenzprojekt, der vom Präsidenten der biederen „Schweizerischen Gesellschaft für Umweltschutz“, Bernhard Wehrli, im Alleingang gegründete „Förderverein Ökobank Schweiz“. Der grenzte sich scharf nach links ab und versuchte, die AGAB in Briefen an potentielle Interessenten als linken Zirkel zu diskreditieren. Es kam zu Prozessen um das Nutzungsrecht des Namens Öko–Bank, die mit Vergleichen zugunsten der AGAB endeten. Man munkelt bereits, Wehrlis Förderverein (geschätzte Mitglieder: vier bis fünf) sei am Ende. Dagegen wurde am Samstag nun offiziell der „Trägerschaftsverein für eine alternative Bank in der Schweiz“ gegründet: Die rund 80 hochgestreckten gelben, roten und blauen Stimmkärtchen markierten den ersten institutionellen Schritt auf dem mühsamen Weg zum hochgesteckten Ziel einer neuen Bank. Das Projekt lehnt sich eng an die westdeutsche Öko– Bank an, deren Vertreter Torsten Martin denn auch zur Einführung ausführlich über deren Erfahrungen referierte. Auch die eidgenössische Alternativ–Bank wird keine Universal–Bank sein, sondern sich vor allem auf das Spar– und Kreditgeschäft und allgemeine Beratertätigkeit konzentrieren. Die neuen Banker wollen ihr Bus auf die Würde und auf die grundlegenden Rechte der Menschen ausgerichtet sind“, heißt es im vorläufigen Leitbild der Zukunfts–Bank. Also „ethical investment“ - keine Knete für Wohnungsspekulanten oder Waffenexporte, dafür zinsgünstige Kredite für Beizen oder Bio–Bauern. Doch bevor es soweit ist, bedarf es der eingehenden Prüfung und Genehmigung durch die Eidgenössische Bankenkommission, die in etwa mit dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in der BRD vergleichbar ist. Für diese Prozedur werden zwei bis vier Jahre einkalkuliert.