Traumkonditionen für Koreaner

■ Erste Produktionsstätte in Mitteleuropa steht in Worms / Angst vor Dumping–Preisen bei Europas Konkurrenz

Aus Worms Felix Kurz

Zum ersten Mal eröffnete mit dem Mischkonzern Lucky GoldStar ein südkoreanisches Unternehmen eine Produktionsstätte für Farbfernseher und Videogeräte in Mitteleuropa. Warum das ausgerechnet in Worms erfolgte, konnten die Topmanager der drittgrößten Firmengruppe Südkoreas nicht zur Zufriedenheit beantworten. Die Lohnkosten seien zwar höher als in ihrer Heimat, erklärte Firmenboß Keun Sun Choi, aber in Korea seien sowohl die Bodenpreise als auch Fremdkapital wesentlich teurer als in der BRD. Dennoch nannte der koreanische Wirtschaftsboß, dessen Gruppe von der bisherigen Diktatur in seinem Heimatland ungewöhnlich stark profitierte, noch andere Gründe für die Ansiedlung. Die Deutschen seien „fleißig“ und „der Gedanke des freien Handels“ sei grundsätzlicher Bestandteil der deutschen Wirtschaftspolitik. 67 Mio. DM hat die Errichtung des Werkes gekostet. Mindestens 15 Die komplette Erschließung und Infrastruktur des Geländes einschließlich dem Bau eines Feuerlöschteiches bezahlte die Stadt Worms. Der Quadratmeterpreis für das 60.000 m2 große Grundstück soll gerade 20 DM/m2 betragen haben. Bei solchen Traumkonditionen gingen für die Koreaner gleich zwei wichtige Wünsche in Erfüllung. Mit dem Schritt der Ansiedlung in Worms eröffnet sich für sie der gesamte Europäische Markt mit rund 320 Millionen Konsumenten ohne „protektionistische“ Zölle, beispielsweise in Form der Mehrwertsteuer. So sehen es der rheinland–pfälzische Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und der Koreaner Choi. Hinzu kommt noch, daß sich die Koreaner vielleicht bald auf ihre Produkte das Markenzeichen „Made in Germany“ heften dürfen. Dafür muß allerdings die Wertschöpfung mindestens 45% betragen. In Worms dagegen sieht die Realität derzeit ganz anders aus: ganze fünf Prozent Wertschöpfung. Die Einzelteile werden aus dem Billiglohnland Korea herangekarrt und in Worms zusammengesetzt und umetikettiert. Mehr nicht. Das soll sich zwar ändern, aber die meisten Teile werden auch dann noch aus Korea importiert. Bei dem Festakt zur Eröffnung des Werkes wurde darüber allerdings nicht gesprochen. Rund 600 geladene Gäste, mehr als das Werk jemals an Arbeitsplätzen bieten soll, aus Wirtschaft und Politik lauschten ergriffen den Rednern. Mit 500 potentiellen Arbeitsplätzen köderte der Weltkonzern (weltweit 150.000 Beschäftigte) die rheinland–pfälzische Landesregierung. Rund 300.000 Farbfernseher und noch einmal 400.000 VHS–Videorecorder sollen in ein paar Jahren dort jährlich produziert werden. Derzeit arbeiten gerade 92 Menschen in den riesigen Hallen, sozusagen als Etikettier– und Versandabteilung. Das sind überwiegend Frauen in Leichtlohngruppen. Macht der Konzern seine Drohung zur Überschwemmung des EG–Marktes wahr, dann kommen auf die europäischen Firmen angesichts der erwarteten aggressiven Preispolitik schwere Zeiten zu. Grundig hat bereits ein Werk in Bayern geschlossen.