Ein Erfolgserlebnis der irischen Polizei

■ Der meistgesuchte Mann der Insel, Dessie OHare, wurde nach Schußwechsel mit der Polizei schwerverletzt, sein Begleiter getötet / Politische Motive waren bei den Aktionen des Ex–IRA–Mitglieds nicht mehr zu erkennen / Suche nach IRA–Waffen bisher erfolglos

Aus Dublin Ralf Sotscheck

Nach einer Schießerei verhaftete die irische Polizei am Freitag abend den meistgesuchten Mann der Insel, Dessie OHare (29). Bei dem Schußwechsel an einer Straßensperre 130 Kilometer südwestlich von Dublin wurde OHare von 15 Kugeln getroffen und schwer verletzt. Sein Begleiter, der 32jährige Martin Bryan, ist dabei tödlich getroffen worden. Die beiden hatten versucht, mit einem Auto die Straßensperre zu durchbrechen. Die irischen Behörden hatten für die Ergreifung des „Border Fox“ (Grenzfuchs) OHare eine Belohnung in Höhe von einer Viertelmillion Mark ausgesetzt. OHare wird vorgeworfen, 26 Morde und zahllose Banküberfälle in Nord– und Südirland begangen zu haben. Seine letzte Aktion war die Entführung eines Dubliner Zahnarztes, der jedoch vor zwei Wochen von der Polizei befreit werden konnte. OHares Verhaftung löste bei der irischen Regierung Erleichterung aus, da die Opposition und selbst einige hohe Polizeibeamte die Sparmaßnahmen im „Sicherheitsbereich“ dafür verantwortlich machten, daß OHare bisher immer wieder entkommen konnte. OHare begann seine „Karriere“ Mitte der siebziger Jahre in der illegalen „Irisch–Republikanischen Armee (IRA)“. 1979 schloß er sich der „Irischen Nationalen Befreiungsarmee (INLA)“ an, die sich Anfang des Jahres in einer blutigen internen Fehde selbst dezimierte. Im September wurde OHare wegen der politischen Sinnlosigkeit und Brutalität seiner Aktionen aus der INLA ausgeschlossen. Er gründete daraufhin seine eigene „Unabhängige INLA“, der auch Martin Bryan angehörte. Diese Gruppe konzentrierte sich auf Geldbeschaffungsaktionen, während politische Motive keine Rolle mehr spielten. Mit dem erbeuteten Geld wollte OHare angeblich ein neues Leben in den USA anfangen. Die Festnahme OHares resultierte aus dem Hinweis eines Informanten. Dennoch beeilte sich die irische Regierung, die Verhaftung der größten Suchaktion in der Geschichte Irlands zuzuschreiben. Seit letztem Montag durchkämmten 7.000 Soldaten und Polizeibeamte systematisch das Land. Allerdings galt das Unternehmen nicht OHare, sondern Waffenverstecken der IRA. Zwei Besatzungsmitglieder der „Eksund“, die Waffen für die IRA an Bord hatte und vor drei Wochen von der französischen Polizei aufgebracht worden war, hatten ausgesagt, daß vier weitere Schiffe mit Waf fen aus Libyen nach Irland durchgekommen seien. Der Aufwand der großangelegten Suchaktion steht in keinem Verhältnis zum Ergebnis und hat die Kritik an der Polizei eher verschärft. So wurden im ganzen Land wahllos Häuser durchsucht, wovon auch der unabhängige Abgeordnete Neil Blaney, Mitglied der Regenbogenfraktion im Europa– Parlament, nicht verschont blieb. Zwar gelang es der Polizei, acht aus dem nordirischen Gefängnis „Long Kesh“ entflohene IRA–Gefangene wieder einzufangen, aber von den vermeintlichen Waffen aus Libyen fand sie keine Spur. Die irische Polizei braucht dringend ein Erfolgserlebnis, um ihr gigantisches Suchunternehmen nicht endgültig der Lächerlichkeit preiszugeben. So kam die Verhaftung OHares gerade Recht, um den angekratzten Ruf der Polizei etwas aufzupolieren, auch wenn die Festnahme, zum Bedauern der Behörden, in keinem Zusammenhang mit der Suchaktion steht.