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Ost–Berlin: Demo im Kerzenschein

■ 500 Menschen protestierten vor der Eliaskirche / Ost–Berliner Kirchenleitung sichert Umweltbibliothek volle Unterstützung zu / Mahnwache vorerst beendet / Bischof Forck kündigt Teilnahme an neuen Mahnwachen an

Ost–Berlin (taz) - Die DDR–Basisgruppen haben mit ihren Protestaktionen gegen die Razzia in der „Umweltbibliothek“ erste Erfolge erzielt: Die Ost–Berliner Kirchenleitung sichert der „Umweltbibliothek“ jetzt volle Unterstützung zu. Am Sonntag abend kamen erneut rund 500 Menschen zu einer Protestversammlung in der Ost–Berliner Eliaskirche zusammen. Trotz des massiven Polizeiaufgebots konnten sie anschließend mit brennenden Kerzen in einem geschlossenen Demonstrationszug zur Zionskirche ziehen. Dort wurde die seit Donnerstag andauernde Mahnwache vorerst beendet. Die Kirchenleitung hatte auf der Versammlung versprochen, sie werde die „Arbeitsfähigkeit“ der Umweltbibliothek „wiederherstellen“. Der Ost–Berliner Bischof Forck und Konsistorialpräsident Stolpe erklärten, sie würden sich bei neuen Verhaftungen an Mahnwachen beteiligen. Zur Zeit können die von der Umweltbibliothek herausgegebenen Umweltblätter nicht erscheinen, da die Druckmaschinen bei der Razzia beschlagnahmt wurden. Trotz Abbruchs der Mahnwache fordern die Basisgruppen weiterhin die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen vier Mitarbeiter der Umweltbibliothek wegen „Zusammenschlusses zur Verfolgung gesetzeswidriger Ziele“ und die Herausgabe der beschlagnahmten Wachsmatritzen–Druckmaschi nen. Am kommenden Freitagabend soll erneut eine Protestversammlung in der Zionskirche stattfinden. Ebenfalls am Freitag wird die Kirchenleitung mit dem für Kirchenfragen zuständigen Staatssekretariat zu Gesprächen zusammentreffen, um über das weitere Verhältnis zwischen Kirche und Staat zu sprechen. Die ganze Woche über soll es allabendlich Vollversammlungen in verschiedenen Ost–Berliner Kirchen geben. In der Zionsgemeinde wurde ein Ermittlungsausschuß eingerichtet, um Informationen über staatliche Aktionen gegen unabhängige Gruppen in der DDR zu sammeln. Der Vorsitzende des DDR–Schriftstellerverbandes, Hermann Kant, hat bislang nicht auf die Einladung der Umweltbibliothek reagiert, dort zu lesen und mit den unabhängigen Gruppen zu diskutieren. Kant hatte anläßlich der Razzia gesagt, in der DDR brauche „niemand für den Umweltschutz in die Katakomben zu gehen“. Clara Roth Siehe Kommentar Seite 4

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